@senn
Zitat: Mathematiker haben sich ein tolles formales System ausgedacht, so dass sie auch nicht in Worte fassbare Gedanken vermitteln können
Ich habe den Eindruck, Du meintest in diesem Fall mit Gedanken sowas wie abstrakte Konzepte. Gedanken sind meineserachtens erst dann Gedanken, wenn es eine sprachliche Entsprechung für sie gibt. Das heißt, ich muss das, was mir im Kopf herumgeistert, anderen mitteilen können auf eine Weise, die auch andere Menschen außer mir verstehen können.
Du erwähnst Dein 10 Monate altes Kind. Allerdings sollte man Absicht nicht mit Denken verwechseln. Ein Kind hat natürlich seinen eigenen Kopf und macht, was es will. Aber da findet noch kein Denken im klassischen Sinne statt. Sobald ein Kind Sprache erwirbt, beginnt das Denken, denn die Sprache gibt dem, was das Kind will, eine Form. Ein Kind ohne Sprache versucht einfach zunächst, auf seine Weise schlau aus der rätselhaften Welt mit ihren Farben und Formen zu werden.
Da die Sprache die Form dessen vorgibt, was als gewollt ausgedrückt werden kann, setzt die Sprache auch gewisse Grenzen dessen, was man ausdrücken kann. Deshalb finde ich es nur natürlich, dass man aus Bequemlichkeit einfach nur das denkt, was mit der Sprache ohne große Verrenkungen möglich ist (Alltagssprache). Ich glaube, das ist auch das Problem, wenn man beginnt, große Philosophen zu lesen, weil diese Menschen die Grenzen (oder die Komplexität) des bisher gedachten Überschreiten. Ich fand es damals in der Schule teils sehr anstrengend, seitenlange Sätze und Zusammenhänge aus der Philosophie zu verstehen, weil meine Denkfähigkeit eher alltagsgeprägt war.
Zitat: Als ironisch würde ich den Versuch der Kunstsprache "LogLan" (a logical language) bezeichnen. Entwickelt werden soll eine vollkommen eindeutige natürlich zu benutzende Sprache, um die Sapir-Whorf-Hypothese zu untersuchen. Ich halte es jedoch für fraglich, dass es möglich ist, mit den Grenzen, die im Fall der Richtigkeit der Hypothese schon die eigene Sprache auferlegt, eine Sprache zu entwickeln, die mehr ausdrücken soll, als mit den eigenen Gedanken möglich ist.
Vor allem, was soll das bringen, mehr ausdrücken zu können, als die eigenen Gedanken gestatten? Was ist, wenn ich damit zusätzlich zum Gewünschten vielleicht etwas ausdrücke, das ich gar nicht beabsichtigt hatte? Wie beim Bäcker (sinngemäß): "Geben Sie mir 3 Brötchen und das, was Herr Mayer heute bei Ihnen gekauft hat". In dem Beispiel ist Herr Mayer jemand, der außerhalb meiner Gedanken als eigenständiges Wesen seinen Gedanken nachgeht. Damit drücke ich also aus, dass ich etwas haben möchte, was jenseits meiner eigenen Gedanken liegt. Aber was ist, wenn mir das alles nicht schmeckt, was Herr Mayer kauft? Dann habe ich zwar die Möglichkeit, etwas zu bestellen, ohne konkret einen Gedanken an den Inhalt zu verschwenden. Doch das alles hätte mit mir und meinen Absichten auch nichts zu tun. Deswegen finde ich diesen Ansatz prinzipiell irgendwo albern.
Vielmehr fällt mir da eine Parallele zu relationalen Datenbanken aus der Informatik auf. Dort kann man anonyme Querverweise und vieles mehr in Datenbanken setzen. Im realen Leben haut das aber in der zwischenmenschlichen Kommunikation nicht hin und läuft dem Zweck der Sprache, Ordnung und Klarheit zu schaffen, zuwider.