RE: Kinder und Haustiere
@Dirk26
Unter der Note für "Japanisches Verhalten" mußt Du Dir so ziemlich genau das vorstellen, was Du im heutigen Deutschland für absolut undenkbar hältst.*) Dann ist Dir vielleicht auch deutlicher, wieso die Interessenvertreter der Minderheiten in Japan so gegen die Einführung dieser Note wettern - aber in der Kultusbürokratie natürlich auf taube Ohren treffen. Wie gesagt: Das ist ja keine bloße Unachtsamkeit, das ist vorsätzliche Ignoranz - und die hat leider auf bestimmten Gebieten in Japan Methode.
Wieso die Koreaner dort sind? Nun, zum großen Teil, weil sie im Zweiten Weltkrieg, als Korea japanische Kolonie war, von den Japanern als Zwangsarbeiter nach Japan gebracht worden sind und nach dem Krieg nicht wieder zurückkonnten. Das sind also heutzutage keine "Fremden" oder "Gäste" mehr, sondern Nachkommen der dritten und vierten Generation. Es gibt heute etwa 600.000 von ihnen in Japan. Dazu noch Chinesen, Ainu, Okinawaner und etliche andere Ethien, die als - zum Teil sehr zahlreiche - Minderheiten in Japan leben, aber gerade vom Kultusministerium beflissentlich ignoriert werden. Japanische Schulbücher vermitteln ihren Lesern das Bild, als gäbe es in Japan ausschließlich japanischstämmige Schulkinder. (Ich sprach von Autosuggestion und dem Zusammenzimmern von Realität...)
Da ist z. B. ständig von "wareware nihonjin" ("wir Japaner") die Rede... (Nebenbei: Das erinnert mich stark an ein altes deutsches Geschichtsbuch, das ich vor kurzem in Händen hielt: Da ging es um "unsere Vorfahren, die Germanen"... In heutigen deutschen Schulklassen mit ihren Schülern aus diversen Kulturen nur noch lächerlich!) Es wird in Japan aktiv das Bild vermittelt, das man von Seiten der Bürokratie gern sehen würde: "Japan ist ein ethnisch homogenes Land, dessen Kultur so uniform ist, daß sie die gesamte Bevölkerung von 122 Millionen Menschen vom gleichen Blut miteinander verbindet" (Florian Coulmas). Noch 1986 erklärte Premierminister Nakasone vor der UNO: "In Japan gibt es keine Minderheiten".
Der Umgang Japans mit seinen Minderheiten ist eines der schwärzesten Kapitel auch und gerade des modernen Japan.
Noch Fragen? [Das ist natürlich ironisch gemeint... Über die Minderheitenproblematik in Japan gibt es mittlerweile halbe Bibliotheken...]
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*) Nur ein Beispiel: Das Absingen der sog. Nationalhymne ist in Japans Schulen seit 1999 zu bestimmten Anlässen Pflicht. Diese Hymne ist noch genau die, unter deren Klängen die kaiserliche japanische Armee im Zweiten Weltkrieg "vorrückte" (das Wort "Invasion" wird in japanischen Schulbüchern vermieden). Von koreanischstämmigen Schülern und Lehrern, deren Landsleute zu den Klängen der sog. japanischen Hymne mißhandelt und abgeschlachtet worden sind, wird also heutzutage in der Schule erwartet, daß sie dasselbe Lied aus voller Brust mitsingen. Das gleiche gilt für die sog. Nationalflagge, die auch noch immer exakt dieselbe ist, wie die, welche in den Trümmern koreanischer Siedlungen aufgesteckt wurde. Heutzutage müssen sich alle (!) Schüler und Lehrer beim Hissen dieser Flagge erheben und ihr so Achtung zollen. Sich zu weigern, wäre beispielsweise "unjapanisch"...
[Da Vergleiche immer hinken, möchte ich es Euch ersparen, Euch nur einmal spaßeshalber vorzustellen, was wohl z. B. russischstämmige Schüler im heutigen Deutschland davon halten würden, wenn das Hakenkreuz hier nach wie in Gebrauch wäre und sie gezwungen wären, ihm Respekt zu zollen... Aber wie gesagt: Man MUSS sich das gar nicht ausmalen; man kann sich die Situation in Japan wohl auch ohne diesen Vergleich ganz gut vorstellen...]
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 15.09.04 11:22 von Botchan.)
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