Okay, nach zwei Tagen lernen mit diesem Buch muss ich sagen, daß mir die Methode (Lernen nach Graphemen) bisher sehr gut gefällt. Die Kanji in dem Buch sind auch (soweit ich das beurteilen kann) sinnvoll nach diesen Graphemen gruppiert.
Das Buch hat aber auch Mängel. Was mir bisher (d.h. die letzten zwei Tage) negativ aufgefallen ist:
- Es wird durchgehend Druckschrift benutzt. Wenn man Kanji schreiben lernen möchte, kommt man nicht drum herum, Zeichen nochmal anderswo nachzuschlagen.
- Es wird in diesem Buch nicht darauf eingegangen, worauf man beim Schreiben von Kanji achten muß (Allgemeine Regeln für die Strichfolge, Beachten von kleinen Details).
- Strichreihenfolge ist nur bei Graphemen angegeben; nicht bei den Kanji. Zwar ergibt sich die Strichfolge bei den meisten Kanji aus den Graphemen, es gibt aber auch Kanji, wo Grapheme verbunden / vermischt sind, z.B. 出 oder 州. Das Skurrile ist, bei 出 steht extra noch "(stroke order!)" als warnender Kommentar dabei - um wirklich sicherzugehen, wie die Strichfolge denn nun zu sein hat, muß ich also anderswo nachschlagen.
- Zu jedem Kanji sind Indexnummern (Spahn/Hadamitzky, Halpern, Nelson) angegeben. Das ist sehr löblich, nur leider muß man immer raten, welche Nummer denn nun welche ist, da sie einfach nur hintereinander in ein gemeinsames Tabellen-Feld gedruckt werden und in keiner Weise durch Markierung unterschieden werden. Die Halpern-Nummer steht dann entweder rechts oben (bei kleinen Zahlen) oder links unten (bei großen Zahlen, weil dann der Zeilenumbruch kommt). Die Nelson-Nummer ist entsprechend entweder links unten oder rechts unten. Das hätte man besser fest formatiert.
- Es gibt keine Anleitung, wie man die Kanji zu lernen hat. Bzw. die Anleitung sagt nichts weiter als "Lern erst die Grapheme, dann die Kanji dazu, und nicht zuviel an einem Tag". Man muss also sein eigenes System entwickeln. Das kann man wohl als Vor- als auch als Nachteil sehen. Bei mir gingen die Grapheme sehr gut zu lernen, aber bei den Kanji hatte ich erstmal das Gefühl, in der Luft zu hängen, weil man sie eben anders lernen muss als die Grapheme. (Man merkt sich nicht ein Zeichen, sondern die Kombination anderer Zeichen, sowie nicht nur die Bedeutung, sondern auch die Lesungen).
Ich meine, gut, ich bin Japanologie-Student, da beisst man sich durch sowas durch und nach ein paar Stunden lernen (und Änderung der Methode) geht es auch schon viel flotter voran, aber das Buch gibt vor, auch fürs Selbststudium geeignet zu sein, und ich weiß nicht, ob ich mich als solcher bei diesem Buch nicht etwas verloren fühlen würde.
Das klingt jetzt alles sehr negativ, aber wie gesagt, die Methode an sich, also zuerst die Grapheme zu lernen und dann die Kanji, funktioniert bei mir soweit sehr gut. Ich habe vorgestern die Grundgrapheme gelernt, gestern die ersten Kanji, und habe, obwohl ich auf die oben beschriebenen Schwierigkeiten gestossen bin, an einem Tag 60 Kanji so gelernt, daß ich sie heute noch schreiben und noch ihre Bedeutung sagen konnte, bei einigen sogar noch die Lesung dazu - auch wenn ich das nur meinem Kurzzeitgedächtnis zu verdanken habe, ist das für mich ein neuer Rekord.
Noch ein Wort zur deutschen vs. englischen Fassung. Ich habe die englische, ob die deutsche Fassung die oben beschriebenen Mängel auch hat, weiß ich nicht. Wer nicht sehr gut Englisch spricht, sollte tunlichst die Finger von der englischen Fassung lassen. Ich kann gut Englisch (lese/schreibe viel jeden Tag) und trotzdem gibt es Situationen wo man sich am Kopf kratzt
, etwa wenn bei einem Kanji 忍 als Bedeutung "bear, hide" angegeben ist, aber weder Bär noch Fell gemeint ist.
Wobei ich mich bei solchen Sachen echt frage, ob ein Muttersprachler das nicht auch falsch verstehen kann.