RE: Jugendliche in Japan
Tja, das ist DEINE Meinung (und auch meine, und sicher auch die der meisten anderen "Westler"). Aber in dieser Beziehung funktioniert Japan (wie auch diverse andere Gesellschaften) nunmal voellig anders.
Und damit dann zurechtzukommen und die eigenen Wertanschauungen nicht als die einzig richtigen und besten zu betrachten, sondern zu akzeptieren, dass andere Kulturen eben nach anderen Gesetzmaessigkeiten funktionieren und nach anderen Regeln "spielen", ohne diese Kultuen deswegen abzuwerten oder ihre Gesellschaften fuer eine "verkehrte Welt" zu halten, ist ja gerade das, worauf es in einer immer kleiner werdenden Welt ankommt - insbesondere natuerlich ist diese Faehigkeit und Bereitschaft unerlaesslich fuer Personen, die aktiv im Kontakt mit Vertretern anderer Kulturen stehen.
Wer da mit dem Gedanken herangeht, dass diese zwangslaeufig etwas "falsch" machen, weil sie andere Wertvorstellungen und andere Normen haben als man es aus der eigenen Kultur gewohnt ist, wird im interkulturellen Verkehr nicht weit kommen.
Andere Gesellschaften funktionieren eben z. T. voellig anders als die eigene, sie machen deswegen aber nicht per se etwas "verkehrt". In IHRER Gesellschaft ist etwas, was in unserer verpoent ist (z. B. eben auch Luegen in bestimmten Situationen), mitunter ein ganz elementarer und nicht wegzudenkender Baustein des Miteinanders dort.
(Nebenbei: Den meisten Japaner ist nicht bewusst, dass das, was sie da tun, von Westlern als "luegen" aufgefasst wird. Bei ihnen spricht man davon, dass es zwei Seiten fuer jede Ansicht gibt: Die eine ist die eigene Meinung, die man in der Regel NICHT kundtut, weil sie konflikttraechtig sein koennte, und die andere ist die Meinung, die man normalerweise halbwegs gefahrlos nach aussen hin zeigen kann. Bei UNS wuerde das Auessern der zweiten Meinung als "Luegen" bzw. als "Unaufrichtigkeit" aufgefasst. Fuer die meisten Japaner aber ist diese Denkweise, wenn man sie ihnen darlegt, etwas voellig neues. SO haben sie die Sache noch nie betrachtet. Fuer sie sind die beiden Meinungen schlichtweg zwei Sorten von Wahrheit, und je nach Situation auessern sie die eine oder die andere.)
Und genau um so etwas (ansatzweise) zu verstehen und zu sehen, "wie es die anderen machen", beschaeftigt man sich doch mit fremden Kulturen. Es braucht wohl nicht erwaehnt zu werden, dass man gerade auf diese Weise auch lernt, wie relativ viele der eigenen Anschauungen sind. Das ist doch gerade auch der Reiz des Ganzen. Oder?
Allerdings muss auch ich sagen: Bei allem "Reiz des Ganzen"... LEICHT ist es mitunter nicht. Aber sofern man nicht vorhat, die gesamte Welt zu kolonisieren und nach der eigenen Pfeife tanzen zu lassen, fuehrt nunmal kein Weg daran vorbei, die anderen eben "anders" sein zu lassen und zu lernen, sie in ihrer Andersartigkeit ernst zu nehmen.
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