Um dem thread (angeregt von torquato) langsam der Gegenwart zusteuern zu lassen, jetzt noch ein Pangramm
aus der
Meji-Zeit.
1903 veranstaltete die Zeitung
萬朝報 (よろずちょうほう)unter dem Namen
国音の歌 einen Wertbewerb um
"Neue Iroha-Gedichte (新しいいろは歌)" zu finden.
Am 7. Juli wurden die 20 besten Einsendungen des Wettbewerbs veröffentlicht. Gewinner des Wettbewerbs
wurde
Sakamoto Momojirou (坂本百次郎) mit seinem Gedicht
Torinaku-Uta (鳥啼歌).
Sakamoto war Lehrer an einer Schule in Aoyarimura (青柳村) im Saitama-ken. Sein Fachgebiet war die
Mathematik. Ein Bild oder weitere Information ihn über scheint es nicht zu geben.
Sein prämiertes Pangramm lautet:
鳥啼く声す 夢覚せ
見よ明け渡る 東を
空色栄えて 沖つ辺に
帆船群れ居ぬ 靄の中
in Hiragana:
とりなくこゑす ゆめさませ
みよあけわたる ひんがしを
そらいろはえて おきつべに
ほふねむれゐぬ もやのうち
Vom Ruf der Vögel überraschend aufgewacht -
siehe, die Morgendämmerung im Osten!
über dem Meer leuchtet das Himmelsblau
und Segelboote sammeln sich still im leichten Nebel.
> Um das Pangramm perfekt zu gestalten, verwendete Sakamoto für する die alte Form す und zur
attributiven Determination anstelle von の die Partikel つ.
> Das Verb 覚ませる, auch 醒ませる geschrieben, bedeutet "aufwachen", mit der Konnotation, das dies
"überrascht" geschieht, so wie hier durch den Ruf der Vögel.
> 見よ ~ 見ろ; 明け渡る dämmern (ausschließlich am Morgen)
> 居る (ゐる) hier in der Bedeutung じっとしている "still, bewegungslos verhalten" gefolgt vom Hilfsverb -ぬ
(= perspektivischer Aspekt "Zustand erreicht", hier, wie oft bei -ぬ, bei Darstellung des Geschehens
aus unbeteiligter Sicht) ; 靄の中 = im leichten Nebel.
Nicht unerwähnt sei einiges Interessantes zur Zeitung 萬朝報 und ihres Herausgebers
Kuroiwa
Ruikô (黒岩涙香), 1862-1920, der sich zuvor auch als Literat und Übersetzer einen Namen
gemacht hatte.
黒岩涙香
Unter anderem übersetzte er Victor Hugos Les misérables ins Japanische. Bekannt war er in seiner Zeit
aber vor allem durch die Übersetzung zahlreicher westlicher Abenteuer- und Kriminalromane, die er in
diversen Zeitungen und Magazinen als Fortsetzungsgeschichten veröffentlichte. Mit diesen Geschichten
wollte er nicht nur unterhalten, sondern auch Anregungen zur Verbesserung des sich zwar schon im Umbruch
befindlichen, von ihm aber oft noch als ungerecht empfundene japanischen Rechtssystems geben.
Als Literat wurde 1889 mit der Veröffentlichung seines Krimis
Muzan (無惨) mit dem er ein eigen-
ständiges Genre nach westlichem Vorbild in Japan etablieren wollte.
萬朝報 brachte er ab 1892 heraus. Das Motto war: 一に簡単,二に明瞭,三に痛快 (frei übersetzt: vor allem
einfach, aber auch klar und vergnüglich).
Neben Nachrichten wurde über gesellschaftliche Ereignisse aber auch populäre Vergnügen und Skandale
in der Oberschicht berichtet. Fester Bestandteil waren auch Kurzgeschichten und Romane in Fortsetzung.
20 Jahre nach Koroiwas Tod wurde 萬朝報 (zuletzt 万朝報 geschrieben), mit der Zeitung 東京毎夕新聞
(とうきょうまいゆうしんぶん) zusammengelegt.