Beitrag #1
Japanisch, bitte! (neu)
Einen schönen guten Tag!
Ich werde demnächst einen Kurs geben mit oben genanntem Lehrbuch - was ich bisher nicht kannte (eigentlich auch kaum verwunderlich, da es noch ziemlich neu ist) und was ich in mehrerer Hinsicht tatsächlich "neu" finde. Ich wollte mal fragen, wer Erfahrungen damit gemacht hat - was ist gut, was schlecht an dem Buch? Hat es euch geholfen? Mit welchem Buch habt ihr danach weiter gemacht? Etc. etc.
Was für mich die Besonderheiten dieses Buchs ausmacht:
- es arbeitet von Anfang an komplett ohne Umschrift, führt aber gleichzeitig auch nicht alle Kana auf einmal ein. Vielmehr werden pro Lektion einige neue Zeichen vorgestellt (Hiragana, Katakana und Kanji gemischt), und alle Texte des Buches arbeiten jeweils nur mit den Kana und Kanji, die bis dahin vorgestellt wurden. Im zugehörigen Übungsbuch wird hauptsächlich die Schrift geübt (mit japanisch geviertelten Kästchen, etc. etc.)
- es hat in jeder Lektion neben den Japanischtexten auch einen Info-Text über ein kulturelles Thema auf Deutsch. In einer Lektion mal "Sport in Japan", mal eine Erklärung des japanischen "Sumimasen" und wo man es benutzen kann etc. etc.
- Viele bunte Bilder und extrem langsames Voranschreiten, vor allem was Vokabeln angeht. Es kommen pro Lektion nur sehr wenig neue Vokabeln, und diese dann auch eher einfach (z.B. bei der Einführung der Berufe kommen in diesem Buch auch Dinge wie "花屋さん" oder so vor und nicht "建築家" oder "弁護士" wie z.B. in Japanisch im Sauseschritt oder Minna no Nihongo. Einfach also im Sinne von Wörtern, die auch Kinder schon verstehen, die erschließbare Zusammensetzungen aus einfachen Kanji sind...
- Grammatik wird, wie auch bei o.g. Konkurrenz, meist anhand von Sprechsituationen eingeführt
- es ist das erste Lehrbuch, was ich für Japanisch sehe, das von sich aus immerhin in Ansätzen auch freie kommunikative Aufgaben für Gruppen fordert und von Anfang an Hörverständnisübungen mit "zu schweren" Texten macht - für DaF oder europäische Sprachen ist das recht üblich, für Japanisch habe ich das noch nicht gesehen - z.B. in Lektion 2: die Teilnehmer hören verschiedene japanische Ländernamen auf CD und sollen auf Deutsch notieren, welches Land sie erraten können
Meine Meinung bisher:
Ich hatte ehrlich gesagt damit gerechnet, meine Schüler mit Japanisch im Sauseschritt quälen zu müssen und bin momentan positiv überrascht von diesem Buch. Absolute Pluspunkte sind meiner Meinung nach die Bilder und die Info-Texte, die sehr gut geschrieben sind, und die von Anfang an dazu einladen, in diesem Buch zu blättern und zu lesen. Das finde ich für einen Anfänger-Hobby-Kurs absolut wichtig: dicht geschriebene schwarze Hieroglyphen schrecken doch die Meisten eher ab... Auch die vielen Anregungen für Partner-Arbeiten und Gruppenarbeiten und mal etwas andere Übungen von Lektion zu Lektion statt 22x dieselben Einsetzübungen nach Schema F finde ich auch schonmal sehr gut. Mir persönlich reicht das zwar noch nicht aus, aber ich kann mir ja auch selbst noch was einfallen lassen und es geht auf jeden Fall schon mal in die richtige Richtung.
Den Ansatz mit der Schrifteinführung sehe ich mit gemischten Gefühlen. Ich bin kein Fan von Umschrift, da man dadurch das Kanji-und Kanalernen gern noch weiter nach hinten verschiebt und sich selbst lange Zeit der Möglichkeit beraubt, viele (japanische) Materialien zu nutzen. Das gestückelte Einführen senkt sicher die Schwelle, denn viele bekommen ja schon die erste Krise, wenn es heißt, dass sie tatsächlich auch die Hiragana lernen sollten, um japanisch zu lernen. Andererseits macht es das nun wieder für mich schwieriger, Zusatzmaterial für diese erste Zeit zu besorgen, ich muss es eigentlich alles selbst schreiben. Ich bin gespannt, wie gut das mit dem Schriftlernen dann in der Praxis klappt.
Die wenigen Vokabeln sind natürlich erstmal ein Vorteil für Einsteiger und man bekommt auch mehr Wiederholung in diesem Minimalwortschatz, da allerhand Gesprächssituationen mit wenig Wörtern vorgestellt werden. Allerdings habe ich die Sorge, dass der Anschluss an ein anderes Lehrwerk nach diesem Buch sehr schwer fallen könnte - denn in Minna no Nihongo, Japanisch im Sauseschritt und ähnlich schnellen Werken kommen einfach bei gleichem Grammatikstand schon viel mehr Vokabeln vor.
Ebenso finde ich schade, dass, obwohl schon vielfältigere Strukturen vorgestellt wurden, trotzdem in den Übungen und Übungstexten exorbitant viele Sätze mit です oder します vorkommen. Ein paar mehr Verben würden ja nicht schaden. Hier kommt glaube ich zu Tragen, dass das Buch Output fördern will und somit den Schülern viele "pipifax"-Möglichkeiten an die Hand geben will, wie man etwas sagen kann. Das ist ja für Kommunikationsübungen auch super, aber es fehlt eben der Input von etwas komplexeren Strukturen oder zumindest einer breiteren Palette von Verben. Und ich finde im Japanischen eigentlich die Verben die wichtigste Wortform, für die man ein Gefühl entwickeln muss.
Soweit mein erster Eindruck, es wirkt auf mich wirklich gut geeignet für den Zweck, für den es gestaltet wurde, nämlich einer Gruppe deutscher Schüler in einem sehr nebenbeschäftigungsartigem Setting (VHS Kurs oder ähnliches) erste Grundlagen und Freude am Japanischen zu vermitteln. Ich bin gespannt auf die Praxis (und werde natürlich nicht nur das Buch von vorn bis hinten durchnehmen, sondern auch versuchen, die Mängel des Buches auszugleichen)
Hat jemand schon Erfahrungen mit dem Buch gemacht?
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