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Grundschule in Takase
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Yano


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Beitrag #1
Grundschule in Takase
Mein Zweitkläßler ist heute wieder zurück in Deutschland. Er ist (leider nur eine Woche) auf die Grundschule dieser häßlichen, aussterbenden Kleinstadt gegangen.
Und jetzt: kaum 150 Schüler (Grundschule hat ja 6 Jahrgangsstufen), trotzdem Parallelklassen, jede Klasse hat drei Klassenzimmer und zwei Klaßlehrer - plus Fachlehrer natürlich. Zwei zusätzliche Lehrer betreuen nur die schlechteren Kinder. Ein Sanitäter untersucht jedes Kind jeden Monat. Und alllnso Zeug; im Vergleich dazu ist die Schulsituation in meiner stinkreichen, süddeutschen Gemeinde reinste Sahelzone.
Klar, das ist seit einigen Jahrzehnten eine Art Modellprojekt, aber davon gibt es reichlich in allen Kens.
Die Bildungspolitik in Japan sagt: macht Kinder, es wird ihnen gutgehen.
In Deutschland setzt man hingegen auf: ich sags jetzt nicht.
Jedenfalls, ischwör, nächstes Jahr bleibt mein Bub bis zu den Weihnachstsferien.
08.09.12 19:03
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Horuslv6


Beiträge: 1.829
Beitrag #2
RE: Grundschule in Takase
Ja, aber du vergleichst Deutschland, mit sicherlich einem der TOP 5 Bildungssysteme und Lehrpläne der Welt, mit dem Land, das wohl das beste Bildungssystem der Welt hat. Ob allerdings die Lehrpläne annähernd so breit und gut gefächert sind, wie in Deutschland bezweifel ich. Ich glaube kaum, dass man auf irgend einer staatlichen Schule eines anderen Landes eine sehr viel bessere Ausbildung bekommt, als auf einem deutschen Gymnasium.
08.09.12 22:00
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torquato


Beiträge: 2.823
Beitrag #3
RE: Grundschule in Takase
Mmh... Schule in Dtl. und Japan zu vergleichen ist wohl sowas mit Birnen und Äpfeln. Beides Obst, aber was ganz anderes.

Bei meinem Schüleraustausch in Japan vor nunmehr über 20 Jahren hatte ich einen nicht ganz so positiven Eindruck gewonnen. Ich war auf zwei versch. Schulen. Eine Privatschule, eine staatliche. Aus meiner begrenzten Sicht als Gaijin mit begrenzten Sprachkenntnissen erschien mir der Unterschied zwischen diesen Schulen nur marginal.

Zwischen Dtl. und Japan aber: Dort reiner Frontalunterricht. Fokus auf bloßes Faktenlernen. In Dtl. wird mehr Wert darauf gelegt, selbständig Probleme zu erkennen und Lösungsansätze zu entwickeln. In Japan Multiple-Choice-Übungen und Tests. Englisch als einzige Fremdsprache, aber im Prinzip ausschließlich passiv. Auf meiner Deutschen Schule war und ist natürlich die zweite Fremdsprache obligatorisch, viele, so wie ich, haben auch noch eine dritte gelernt. Und das mit Sprachlabor und aktiver Anwendung. Ich konnte mich fließend auf Englisch unterhalten, meine Mitschüler konnten eigenständig keinen Halbsatz rausbringen und gaben regelmäßig auf mit 英語は難しい.

In Mathe waren die Japaner wiederum merklich voraus. Meine jüngere Gastschwester kam mit Sachen nach Hause, von denen ich noch nie gehört hatte. Und in aller Bescheidenheit war ich gar nicht so schlecht in der Schulmathematik.

Mich haben damals natürlich auch diese sch... Schuluniformen gestört. Das sehe ich jetzt inzwischen gelassener. Aber diese Plastik Vatermörder grenzten schon an Folter.

Ich gehe davon aus, daß sich inzwischen nicht allzuviel geändert hat? Lasse mich aber gerne eines besseren belehren.

Soviel zu meinen Eindrücken, die einfach raus mußten. Yano, was sagt denn Dein Sohn dazu?
09.09.12 01:42
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Horuslv6


Beiträge: 1.829
Beitrag #4
RE: Grundschule in Takase
*enkel*
09.09.12 10:21
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Yano


Beiträge: 2.920
Beitrag #5
RE: Grundschule in Takase
Das ist ein weites Feld.
Englisch ist dem Japanischen bekanntlich sehr viel unähnlicher als dem Deutschen, und auch kaum ein deutscher Abiturient beherrscht die englische Sprache in Wort und Schrift. Es stimmt aber, daß die Englischlehrer auf den japanischen Gymnasien oft selber nur sehr wenig Sprachkenntnis haben/hatten, aber seit etwa 25 Jahren wird dieser Mißstand angegangen; inzwischen trifft man immer häufiger auf Japaner, die Englisch ausgezeichnet beherrschen.
Auf dem Gymnasium ist als zweite Fremdsprache Kanbun obligatorisch. Bei vielen Studiengängen auch eine dritte Fremdsprache, und da kommt öfters Deutsch ins Spiel.
Die Schuluniformen unterstreichen den Charakter des Zusammenlebens der Schulfamilie, der stärker paramilitärisch geprägt ist als in Deutschland und entsprechend kameradschaftlicher ist. Die Uniformen sind unterschiedlich, die einzelnen Schulen haben eine je strengere, oder lockerere Kleiderordnung. In diese Sparte fallen auch die Schulgesetze, die das Verhalten außerhalb der Schule betreffen. Ein Beispiel: ich bin gegen Ende des Gymnasiums des öfteren mit dem Auto zur Schule gefahren, habe mit ein paar Klassenkameraden den (schrecklichen) Sportunterricht geschwänzt, um zum Biergarten zu fahren. Auf einem typischen japanischen Gymnasium wäre ich mit einem solchen Verhalten nicht mehr tragbar gewesen: vier Todsünden auf einmal.
Eine andere Facette ist die Rolle der Eltern. In Deutschland ist ein Elternabend so, daß der Lehrer den Eltern verklickert, was Sache ist und Anweisungen erteilt und Fragen zuläßt. In der japanischen Schule setzen sich die Eltern erst einmal ein, zwei Stunden hinten ins Klassenzimmer und beobachten den Unterricht. Und dann kommt die Konferenz, wo die Eltern recht hemmungslos Kritik äußern. Für den Lehrer ist das nicht nur wie an der deutschen Schule ein lästiger Termin, sondern die haben richtig Bammel davor; ich hab schon welche vor Angst zittern sehen.
Und die Frage nach meinem Sohn; ich habe ja etliche Kinder. Mein Ältester war zusammengenommen gut zwei Jahre auf einer japanischen Schule, dem hats gefallen, der wird bald ein japanisch-deutscher Rechtsanwalt sein. Der kleine Bub hat gutes Brot und Wurst, besonders Gelbwurst, in Japan vermißt - in dem Alter kann man Bildungssysteme noch nicht differenziert beurteilen.

Ach so, ja: die vierte bzw. fünfte Todsünde war die Zigarette.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.09.12 16:44 von Yano.)
09.09.12 12:18
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Hachiko
Gast

 
Beitrag #6
RE: Grundschule in Takase
Grüß Gott Yano,

Ich finde das Tragen von Schuluniformen sogar sehr sinnvoll, denn ein Schüler sollte nicht wegen seiner äusseren
Erscheinung, sprich: Markenklamotten contra C&A-Kleidung, beurteilt bzw. behandelt werden, wie es etwa
hierzulande auf vielen Schulen leider der Fall ist.
Da lobe ich mir sehr das japanische und auch englische Schulsystem.
Aber eine Frage zum Thema japanische Schulen, herrscht da immer noch dieses fürchterliche Ijime, das so vielen
Kindern das Leben schwer macht, oder hat sich das zwischenzeitlich gelegt.
Eine Austauschschülerin hat mir erzählt, dass Lehrer dies sogar unterstützen sollten bzw. einfach wegsehen und ignorieren.
Kann das so stimmen?
09.09.12 12:56
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Yano


Beiträge: 2.920
Beitrag #7
RE: Grundschule in Takase
Hachiko, grüß Gott,

Ijime scheint mir zum einen kein spezifisch japanisches Problem zu sein, und zum anderen ist wohl die paramilitärische Gestaltung des Lebens in der Schule ein probates Gegenmittel, wenn auch trotzdem tragische Einzelfälle auftreten.
Es sind Einzelfälle; Ijime ist wohl eher da ein flächendeckendes Problem, wo Rassengegensätze handzuhaben sind, also z.B. in Deutschland.

Das mit den Markenklamotten kann man meiner Beobachtung nach niedriger hängen. Das ist nicht das Problem.
Die Schuluniform ist preiswerte Kleidung hoher Qualität, die zu jeder Gelegenheit korrekt ist. Da die Schulen eigene Uniformen haben, sieht man den Schülern auch außerhalb der Schule an, zu welcher Schule sie gehören.

Und ここだけの話 Ijime betrifft oft die Lehrer; meiner Erfahrung nach mehr als die Schüler.
09.09.12 16:41
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Hachiko
Gast

 
Beitrag #8
RE: Grundschule in Takase
Ja, das mit der Uniform ist das in Japan so eine Sache, alles ist gleich, die Röcke und Hosen, Jacken, Pullunder, Hemden und
Blusen, Krawatten, Socken und Schuhe, nur bei einigen Uniformen bei ganz bestimmten Schulen, z.B. das zur Keio-Universität
gehörende Gymnasium, sind die Röcke bei den Mädchen besonders kurz, worauf meine deutsche Bekannte besonders
stolz war. Warum, danach habe ich allerdings nicht gefragt.
09.09.12 17:27
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Yano


Beiträge: 2.920
Beitrag #9
RE: Grundschule in Takase
(09.09.12 17:27)Hachiko schrieb:  stolz war. Warum, danach habe ich allerdings nicht gefragt.

Naja, besonders kurze Röckchen, da zieht man halt warme blickdichte Wollstrümpfe dazu an, vielleicht gar noch lange Stiefel, sieht man ja im nicht uniformierten Bereich heutzutage oft. Ich weiß auch nicht, was das soll, finde das häßlich, aber auf mich hört man ja nicht.
09.09.12 18:59
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Hachiko
Gast

 
Beitrag #10
RE: Grundschule in Takase
Doch, ich höre manchmal auf dich, erinnerst du dich noch an den japanischen Laden in der Rosenstrasse in München,
wo ich nach den Maneki-nekos gesucht habe. Bin da hingefahren und wurde leider nicht fündig, aber diesen Mise werde
ich immer wieder gerne besuchen, wenn ich in München bin. Einfach ein supernetter Laden.
Im übrigen habe diese Nekos in Köln entdeckt, war aber zu spät, denn sie waren zum damaligen Zeitpunkt für ein
Geburtstagsgeschenk gedacht.

Pfiati Gott für heute.
09.09.12 19:48
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Grundschule in Takase
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