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Eine Frage der Motivation?
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Doyle


Beiträge: 2
Beitrag #1
Eine Frage der Motivation?
Guten Tag. Ich beschäftige mich seit 2014 mit der japanischen Sprache und habe mir diesbezüglich das Lehrbuch "Lass uns zusammen Japanisch lernen 1!" von Shin'ichi Okamoto und Christian Flack gekauft. Mein Ziel in näherer Zukunft ist es, den Japanese Proficiency Test der Stufe N5 abzulegen.

Zur Vorgeschichte: Ich betrachte Sprachen lernen als Hobby. Ich lernte mit großer Geschwindigkeit Englisch, Spanisch, Französisch und Latein, was zu entsprechend guten Noten in der Schule führte. Ein großer Motivationsfaktor war und ist es, die Werke großer Philosophen, Schriftsteller und Dichter in ihrer Orginalsprache lesen zu können. Griechische und römsche Philosophen (besonders Aristoteles, Plato, Seneca, Epiktet und Mark Aurel), sowie die Denker der Aufklärung faszinierten mich schon immer. Meine größte Leidenschaft gilt jedoch der englischen Sprache, und wie man meinem Namen entnehmen kann, liebe ich Sherlock Holmes.

Mein Interesse am Japanischen hingegen ist eher mit meinem Karatetraining verknüpft. Da mein Dojo Lehrgänge bei japanischen Meistern veranstaltet, die kaum Englisch und Deutsch sprechen, hatte ich mir in den Kopf gesetzt, vielleicht als Übersetzer tätig zu werden. Da ich zudem hin und wieder Animes schaue und mich sehr für shintoistische Mythen interessiere, erschien mir das Erlernen des Japanischen nur richtig. Desweiteren würde ich gerne mal in Japan essen gehen. Ich liebe Meeresfrüchte.

Trotz Allem bleiben Philosophen und Schriftsteller meine größte Motivation, eine Sprache zu erlernen, da ich viel lese. Hier kommt mein Problem: Ich finde die japanischen Intellektuellen vollkommen uninteressant.

Die Mehrheit der japanischen Intellektuellen orientiert sich am Buddhismus und Konfuzianismus oder reflektiert westliche Autoren. Als Beispiele seien hier Watsuji Tetsurō und Inoue Tetsujirō genannt, die sich beide mit westlichen Denkern beschäftigten und sie mit dem japanischen Nationalwesen zu vereinbaren suchen. Diese Suche nach dem japanischen Nationalwesen ist etwas, was mich nur bedingt emotional berührt. Über das angeblich urjapanische "Mono no Aware" kann ich nur die Augen Rollen, ebenso wie über Michima Yukio und seine propagierte "urjapanische" Mischung aus "japanischer Raserei" und "japanischer Anmut".

Ich bin überzeugt, dass der Konfuzianismus viel lebenspraktische Weisheit enthält, aber er enthält nicht, was mir nicht schon die Stoiker nahe gebracht hätten. Trotz Allem ehre ich Funakoshis am Konfuzianismus orientierten "Karate Do" und versuche, meine Kampfkunst daran zu orientieren. Karate bleibt für mich allerdings eher etwas Internationales und nichts spezifisch "Japanisches" (zumal Funakoshi Okinawese war).

Der Buddhismus hingegen ist mir viel zu mystisch. Japanische Dichter orientieren sich aber viel zu oft am Buddhismus, um wirklich originell zu sein. Ich habe das Sengai Museum besucht und war eher enttäuscht von den angeblichen "originellen" Weisheiten.

Liegt es vielleicht daran, dass die japanischen und chinesischen Philosophen mehr von Kompromissen hielten als vom offenen Disput, der die griechischen Philosophen kennzeichnete?

Ich stecke in einem Dilemma. Einerseits möchte ich meinem Dojo gerne helfen, andererseits fehlt mir die intellektuelle Motivation.

Auf den Punkt gebracht: Es reizt mich nicht, wenn japanische Intellektuelle über die Synthese von Konfuzianismus und Buddhismus mit der Moderne reden. Die Suche nach dem "Urjapanischen" reizt mich ebenfalls nicht.

Ich bitte Euch nun um Rat. Soll ich das Japanische nur auf geringem Niveau weiterführen? Macht es für mich tatsächlich keinen Sinn, mich mit japanischer Kultur auseinanderzusetzen? Oder gibt es doch für mich interessante Schriftsteller und Philosphen, von denen ich noch nichts wusste? Bin ich vielleicht zu sehr vom abendländischen Denken geprägt?
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.06.15 14:04 von Doyle.)
09.06.15 13:42
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Elsa


Beiträge: 83
Beitrag #2
RE: Eine Frage der Motivation?
Ich weiß nicht, ob ich so direkt deine Frage beantworten oder dir helfen kann. Du hast natürlich Recht, Sprachenlernen hat sehr viel mit Motivation zu tun und ohne diese ist es schwer ein Mammutprojekt wie Japanisch mal eben so durchzuziehen. Aber nur weil du dich bisher nicht mit buddhistischem/konfuzianistischem Denken anfreunden konntest, würde ich das Japanische nicht gleich aufgeben. Ich erzähl dir einfach mal was von meiner Motivation und vielleicht ist ja auch was für dich dabei.

Ich z.B. mag Anime und Manga, beides ist aber weder Grund noch Motivation für mich Japanisch zu lernen (gibt es doch alles noch am Tag der Erscheinung als Fansub oder Scanlation im Netz). Ich interessiere mich weder für japanische TV-Drama/Filme noch für japanische Musik (vll. habe ich auch nur noch keine Band gefunden; wer Empfehlungen hat, nur zu, da würde ich mich sehr freuen) oder Games und ich will auch ganz sicher keinen Japaner heiraten. Um Japanisch essen zu gehen oder mal dort Urlaub zu machen, weil ich es landschaftlich so schön finde, muss ich nicht Japanisch lernen.
Was mich motiviert, ist die Sprache selbst und das, nach dem was du erzählt hast, könnte auch was für dich sein. Die Sprache an sich ist überraschend vielschichtig, umso mehr du darin eintauchst und hat, wie ich finde, einen meditativen Charakter. Dazu kommen die Kanji, die für das westliche Auge zuerst einmal eine Ansammlung von Strichen darstellen, die aber in sich ein kleines Universum an Motiven und Elementen umfassen. Die Bilder hinter der Schrift zu „sehen“ wie es Japaner und Chinesen können, ich glaube, das wäre wie ein Blick durch ein Wurmloch in eine andere Galaxie. Dann wären da noch die Haiku, Gedichte, die für den westlichen Leser oft erst einmal primitiv daher kommen, denen in ihrer scheinbaren Einfachheit aber eine ganz eigene Art von Komplexität inne wohnt, deren Schönheit seltsam berührend ist und deren besonderer Charakter sich aus der Sprache selbst ergibt. Und als besonderes Schmankerl die Dialekte, die ich persönlich einfach nur anziehend und spannend finde. Diese ganzen Dinge möchte ich gerne auf einer tieferen Ebene verstehen, das motiviert mich und ich denke, gerade für den philosophisch interessierten Menschen sind da ganz neue Sichtweisen zu entdecken. Schwer, das zu beschreiben, weil es für mich eher eine Gefühlssache ist, aber ich glaube, du würdest dein Denken gerade in dem philosophischen Rahmen, in dem du dich gerne bewegst, schon allein durch das Erlernen dieser nicht-europäischen Sprache erweitern, du würdest neue Aspekte an vielleicht alten Ideen finden oder von einer anderen Perspektive bestimmte Dinge beurteilen können. Hm, schwierig für mich zu erklären, ohne wie ein Hippie auf Pot zu klingen. Ich hoffe, du verstehst, was ich meine.

Außerdem, wenn du dich nicht für Buddhismus und Konfuzianismus begeistern kannst, schau dir doch mal den Shintoismus mit seinen vielen Youkai an. Definitiv unterhaltsam. zwinker

Und letztlich: wenn deine Motivation nicht reicht, dann ist Japanisch eben nicht deine Sprache. Ist doch auch okay. Dazu zwingen, musst du dich doch nicht, oder?
09.06.15 15:55
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Reedmace Star


Beiträge: 183
Beitrag #3
RE: Eine Frage der Motivation?
Über japanische Philosophen und Intellektuelle kann ich dir auch nichts erzählen, aber da es sonst noch so wenige Rückmeldungen gab, hier ein paar allgemeine Gedanken mit ähnlicher Stoßrichtung wie Elsas Beitrag.

Um die Motivation aufrecht zu erhalten, kann es sicherlich hilfreich sein, ein bestimmtes Ziel im Auge zu haben (hier: Bücher interessanter Schriftsteller im Original zu lesen; höher gesteckt, aber konzeptuell nicht allzu verschieden vom gängigeren “I need to learn Japanese so that I can watch anime”).

Aber Japanischlernen ist aufwändig. Auch wenn du sehr sprachbegabt bist, wirst du ganz andere Mengen an Zeit investieren müssen als in den von dir genannten europäischen Sprachen, ehe du Primärquellen lesen kannst. Nach deinen Schilderungen gehe ich davon aus, dass du dich mit weniger auch kaum wirst zufrieden geben können.

Deshalb ist meiner Meinung nach so ein Ziel allein, selbst gepaart mit großer Hartnäckigkeit, zu wenig. Schlimmstenfalls endet es sonst so, dass du nach Jahren klarsichtig bekennen musst, Opfer eines Falls von eskalierendem Commitment zu sein, dich also vor allem deshalb weiter durch die Sprache zu quälen, weil du all die Zeit und Energie, die du schon investiert hast, nicht einfach abschreiben willst. So etwas finde ich extrem traurig.

Wenn du ohne Not Japanisch lernen willst, solltest du vielmehr auch am Lernen an sich und der Sprache selbst Freude haben. Ob das der Fall ist, probierst du im Zweifelsfall am besten einfach aus. Das passende Lehrwerk hast du ja schon; schnuppere für ein paar Wochen ernsthaft hinein und entscheide dann, ob du genug Spaß zum Weitermachen hast.
10.06.15 17:23
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moustique


Beiträge: 1.811
Beitrag #4
RE: Eine Frage der Motivation?
Wie wahr, wie wahr.
So ist das mit japanisch.
Es geht sehr viel Zeit ins Land.
Das Hauptproblem sind und bleiben die Kanji und seine immensen Komposita.
Es hat rein gar nichts mit europaeischen Sprachen mehr zu tun. Ausser ein paar Fremdwoerter, gibt es kein Begriff, das du in all den Sprachen wiederfinden kannst.

attention, kannst du im Englischen und Franzoesischen verwenden.
attentioné im italienischen. Viele der Begriffe, die auf tion enden, findest du in diversen Sprachen wieder. Aber nicht im Japanischen.

Der einzige Weg es richtig zu lernen und da werden jene mir recht geben die im Land leben, ist es, im Lande selbst zu lernen. Und da man immerzu mittendrin ist, kann man auch damit rumjonglieren.

Literarisch gesehen, ist es ein ewiger Zyklus, des hin und herkonvertieren der Schriftzeichen. So als ob man Hieroglyphen lesen wolle.
Manche WB koennen dir helfen, nur musst du diese erst mal finden.
Wenn das japanische Wort auch in Romaji (lateinische Schrift) gehalten ist, so wirst du eine klare Uebersetzung finden. Aber dann ist schon Schluss mit Lustig.

Der Restliche Text ist in Kanji und Kana gehalten, wo keine Furigana vorhanden sind.
Um diese zu verstehen, benoetigt man wiederrum unendliches Wissen, welches nur duch viel Zeitaufwand und Geduld, erreicht werden kann.

Mit Chinesisch, wird es wohl das gleiche Dilemma sein.
Aber es ist machbar, eine Sprache zu lernen.
10.06.15 17:38
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cat


Beiträge: 1.413
Beitrag #5
RE: Eine Frage der Motivation?
Da muss ich moustique jetzt widersprechen. Um Texte zu lesen, muss man nicht in dem Land leben. Doyle hat ja auch Latein gelernt und Werke von Schriftstellern gelesen, ohne jemals mit einem alten Römer konversiert zu haben. Auch Kanji und Kana sind kein Hexenwerk.

Was allerdings stimmt ist, dass man sogut wie keinen Nutzen aus anderen europäischen Sprachen ziehen kann (was bei Englisch, Spanisch, Französisch und Latein durchaus der Fall ist).
10.06.15 20:26
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Hachiko
Gast

 
Beitrag #6
RE: Eine Frage der Motivation?
(10.06.15 17:38)moustique schrieb:  attention, kannst du im Englischen und Franzoesischen verwenden.
attentioné im italienischen. Viele der Begriffe, die auf tion enden, findest du in diversen Sprachen wieder. Aber nicht im Japanischen

Eine Korrektur mit Verlaub, im Italienischen heisst es attenzione.
10.06.15 20:44
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moustique


Beiträge: 1.811
Beitrag #7
RE: Eine Frage der Motivation?
Okay.
Aber es klingt wie attention.
Achtung!
engl, fr, de.
frustration, frustration, Frustration.
immigration, immigration, Immigration.
affirmation, affirmation, Affirmation.
motivation, motivation, Motivation.

und noch viele mehr.

Mit solchem Wissen, kann man nichts in Japanisch anfangen.

Motivation hat jedoch nichts mit all diesem zu tun.
Es geht darum, einen Beweggrund zu haben, einen Sinn fuer das Lernen zu finden, das so stark ist, dass man bis zum Ende durchhaelt.

Auf Gedeih und Verderb, sich hinsetzt und drauflos lernt.
Eines ist schon mal gewiss. Es verlangt sehr viel Zeit. Und natuerlich auch eine Stange Geld, wird der Einzelne ausgeben, um sich die Sprache anzueignen.

Es faengt mit Buecherkauf an, geht ueber Kursteilnahme bis zur Hinreise und seinen Aufenthalt in Japan.

Der Aufwand an Zeit, die man dafuer benoetigt, zu 8 Euro die Stunde, ist enorm.
Bei mir ist es derweil schon die Summe eines Einfamilienhauses.
Als Motivation, hatte ich das Beduerfnis, meinem Grips, Futter zu geben, um im hohen Alter etwas zu haben, das man auch noch in der Pension, weiterfuehren kann.

Es ist nicht mal der Beweggrund oder ein Ziel, je nach Japan zu reisen.
Man kann auch ohne all das nach Japan reisen. In einer Gruppe zB.
Mit einem Fuehrer und dann hat es sich.
Aber das reitzt mich nicht.

Und nun nach so vielen Jahren bin ich motiviert, noch mehr zu tun. Zumal ich nun sehe dass all die Muehe beginnt, Fruechte zu tragen.
Das Lesen der Kanji und deren richtigen Lesung faellt mir immer leichter.

Also Motivation, weiter zu machen.
10.06.15 22:02
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junti


Beiträge: 1.565
Beitrag #8
RE: Eine Frage der Motivation?
Kann man -mittlerweile- schon:
モチベーション
フラストレーション
イミグレーション

Besonders モチベーション wird oft genutzt grins

http://www.flickr.com/photos/junti/
10.06.15 22:10
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moustique


Beiträge: 1.811
Beitrag #9
RE: Eine Frage der Motivation?
Zitat: von mir.
Ausser ein paar Fremdwoerter, gibt es kein Begriff, das du in all den Sprachen wiederfinden kannst.
10.06.15 23:48
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Doyle


Beiträge: 2
Beitrag #10
RE: Eine Frage der Motivation?
(09.06.15 15:55)Elsa schrieb:  Was mich motiviert, ist die Sprache selbst und das, nach dem was du erzählt hast, könnte auch was für dich sein. Die Sprache an sich ist überraschend vielschichtig, umso mehr du darin eintauchst und hat, wie ich finde, einen meditativen Charakter.

Deinen Beitrag finde ich bislang am Hilfreichsten. Er erinnert mich an meine Erfahrung mit der lateinischen Sprache, die ich einfach aufgrund ihres Klanges sehr schätze. Ich höre mir daher u.A. sehr gerne Klostergesänge an, obwohl ich konfessionslos bin. Mit dem Englischen ist es ebenso. Ich denke, ich werde mich im Bereich der Gedichte umsehen und mir die Sprache einfach mal "auf der Zunge zergehen" lassen. Vielen Dank für deinen Beitrag.
11.06.15 10:57
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Eine Frage der Motivation?
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