Hallo Angler,
was den hier betrachteten Text betrifft, hast Du natürlich vollkommen Recht und A即是B = "A - das ist B" ist die einzige korrekte Übersetzung.
Mit den Ausführungen zu 即 wollte ich eigentlich nur erklären, warum atomu im 広辞苑 gefunden hat, das soku, wenn eben auch in anderen Texten, für ein Konzept stehen kann.
Aber noch mal zu unseren "shiki soku ze ku", bzw zum Hannya Shingyo:
Diese Sutra stammt aus einer Sutra-Sammlung die wohl im Laufe des 1. Jahrhunderts entstanden ist. Der Originaltext ist in Sanskrit und die früheste Übersetzung ins Chinesische ist (laut Mylius Geschichte der altindischen Literatur) aus dem Jahr 197 belegt.
Das Sutra ist in Prosa gehalten, was die Form anlangt, handelt es sich hier um eine Belehrung des Buddha-Schülers Sariputra durch einen Bodhisattva.
Inhaltlich geht es um die Vermittlung des Wissens, das alle 5 Skandhas - also Körper, Empfindung, Wahrnehmung, Willen und Bewußtsein - 空 - leer sind.
Nun zur Struktur. Ich habe das unten mal am Beispiel der beiden hier diskutierten Zeilen der Sutra durch Kursiv/Fett/Normaldruck versucht optisch hervorzuheben:
...
SHA-RI(1)-SHI(1) SHIKI(1) FU(1) I(2)
KUU KUU FU(1) I(2)
SHIKI(1)
SHIKI(1) SOKU(1) ZE(1)
KUU KUU SOKU(1) ZE(1)
SHIKI(1)
...
[die Zahlen SHIKI1, SHI1... habe ich hier nur eingefügt, weil im weiteren Text diverse Homonyme vorkommen, zB 2 für SHIKI, 2 für SOKU, 3 für DO etc..., und ich das für mich noch ein paar Sutra-Zeilen weiter getrieben habe...]
Bei der Übersetzung dieser Prosa vom Sanskrit ins Chinesische wurden
a) durch den Buddhismus neu eingeführte Termini und Konzepte entweder phonetisch, dh als gleichklingende chinesische Lautkette (aa) oder eben durch im chinesischen zwar schon vorhandene, wenn auch noch nicht konzeptionall verwendete übersetzt (ab) (beides hier Fettdruck, shiki gehört eher zu ersteren, kuu zum letzteren)
b) Eigennamen entweder ebenfalls "phonetisch" übersetzt (im Beispiel "Sariputra" im Kursivdruck) od neue eigene Namenswortschöpfungen ersetzt
und c) Gewöhnliche Wörter und grammatischen Funktionen regulär übersetzt (im Beispiel als einfacher Druck):
Zugleich ist das übrigens ein gutes Beispiel für die in diesen Sutras typische vertiefende Wiederholung... die in (anderen) Sutras in ihrer Weitschweifigkeit für Unsereinen oft das Maß des Erträglichen überschreiten kann.
.. und auch ein Grund ist, warum die Hannya Shingyo wegen ihrer Kürze = leichter Memorierbarkeit, so verbreitet und beliebt ist und in den Zen-Klöstern gern morgends rezitiert wird
.
Gruß und schönen Sonntag
Frank
Edit: etwas gekürzt, etwas umgestellt, die->das Sutra