RE: Daniel In Japan
@Daniel: Ein paar Kommentare zu Deinen Kommentaren...
Ich gebe Dir recht, daß es nicht einfach ist, gut zu übersetzen. Aber gerade deswegen ist es mit einem "war schnell entschieden" nicht getan. Du gehst nur auf sehr wenige der Punkte ein, die ich in den ersten paar Sätzen Deines Textes anzumerken hatte. Das ist ok. Ich werde mich also zu einigen von diesen Kommentaren äußern.
Das "wakaranai" in die Vergangenheit zu setzen, ist unsinnig, denn es geht dem Autor/Protagonisten darum zu sagen, daß er es mittlerweile (also JETZT) nicht mehr sagen kann, nicht, daß er es beim Aufwachen nicht mehr wußte.
Die Tempora sind ja auch im Japanischen nicht nach Lust und Laune gesetzt, sondern haben ihren Sinn - genau wie im Deutschen. Da kann man nicht sagen: Ich mache - der Einheitlichkeit zuliebe - einfach alles in der Vergangenheit. Übrigens stimmt es ja gar nicht: Du hast die Erzählung eben NICHT in der Vergangenheit gelassen, sondern ins Präsens gesetzt (siehe Bernds Post). Es geht also nicht um die ersten vier, fünf Zeilen, sondern um die ganze Geschichte. (Auch die folgende Fahrt im Auto usw. usf. - im Original alles Vergangenheit, bei Dir alles Gegenwart).
Daß das Original durch "Klarheit" besticht, will ich nicht leugnen. Allerdings machst Du (wie oben erwähnt) Dinge oft deutlich komplexer und stilistisch überfrachteter als sie sind (und zerstörst damit eben gerade die "Klarheit"), und zum anderen waren (sind?) Dir offenbar trotz der Klarheit des Originals diverse grammatische/lexikalische/... Probleme (noch) NICHT klar. [Ich beziehe mich ja durchaus auf Deine aktuelle Version, nicht etwa die von damals - und zur jetzigen sagst Du: "Ich habe Fehler in den ersten beiden Kapiteln korrigiert".]
Weiters habe ich NICHT gesagt, daß Du die Mutter strenger klingen lassen sollst. (War mein Text mißverständlich? Ich glaube nicht.) Ganz im Gegenteil! Ich sagte, sie klingt in Deiner Übersetzung kommandohafter als im Original.
Über die Art von "Übersetzung" bzw. die Frage "Was bedeutet eigentlich übersetzen?" gibt es diverse Ansichten. Aber wie meine alte Lateinlehrerin schon (sinngemäß) sagte: "Bevor man "frei" übersetzen kann, muß man erst einmal ganz genau und im Detail verstanden haben, was da steht. Erst dann kann man nämlich beurteilen, welche Variante im Deutschen einerseits "frei" genug ist, um wie gutes Deutsch zu klingen, und dennoch nicht SO frei, daß sich der Inhalt und Sinn des Gesagten ändern."
Und bei Deiner Übersetzung wird - wie ich zeigte - sehr deutlich, daß Du durchaus nicht nur "kleine stilistische Änderungen" vornimmst, um den Text zu besserem Deutsch zu machen, sondern daß Du offenbar nicht genau erkanntest (erkennst?), was da steht. (Beispiel: "Ich war mir nicht mehr sicher, ob es Traurigkeit oder etwas Anderes war." versus "Kanashii no ka dou ka sae, mou wakaranai." Dein Satz enthält NICHT - nur eben stilistisch leicht verändert - dieselbe Aussage wie der japanische; er enthält EINE ANDERE Aussage. "Massao" meint nicht "bleichblau", sondern "tiefblau" - das ist nicht stilistisch leicht geändert, das ist etwas anderes etc.)
Und daß unnötige "Konkretisierungen" NICHT angebracht sind, darüber sind sich die Übersetzer eigentlich einig. Wenn der Autor eine Sache bis zum jeweiligen Zeitpunkt etwas im Unklaren lassen WILL, dann darf der Übersetzer sich nicht erdreisten, hier schon mal etwas zu "konkretisieren". Gerade beim Übersetzen aus dem Japanischen muß man im Deutschen ohnehin schon oft genug konkreter werden als das Original es ist (z. B. weil man im deutschen Satz nicht einfach ein Subjekt auslassen kann), aber wenn es auch geht, ohne daß man schonmal alles auf den Tisch legt, dann ist das sicher im Sinne des Autors. Und ein Übersetzer ist in erster Linie DEM TEXT verpflichtet. Er soll dem Text dienen, und nicht einen eigenen, anderen erschaffen. Zum "Dienen" gehört, daß er natürlich nach den besten Möglichkeiten sucht, um vom Text so viel es geht in seine Muttersprache zu transferieren, aber es ist ein schlechter "Dienst" an Text und Autor, den Text "besser" machen zu wollen, als der Autor ihn geschrieben hat.
Aber wie gesagt. Durchs Übersetzen kann man wahnsinnig viel lernen. Und solange Du Deine Übersetzung vor allem aus diesem Grunde und weil es Dir Spaß macht anfertigst, wird niemand etwas dagegen haben. Ganz im Gegenteil. Ganbatte ne.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 04.11.05 11:20 von Botchan.)
|