(09.04.20 21:32)Hachiko schrieb: Hat nichts mit Medizinerzynismus zu tun, aber wenn die nicht emotional distanzierter wären würde das System total zusammenbrechen.
Ihren Zynismus gestehe ich ihnen gerne zu, ich verstehe auch Ärzte, die sich über Katastrophen freuen wie manche Feuerwehrleute über ein Großfeuer, weil sie dann zur Hochform auflaufen und in ihrer Berufsausübung ihren Flow erleben können.
Was ich hingegen meine, ist die Vorliebe für unlustig-langweilige oder uralt-abgestandene Witze.
Einer der Ärzte, die ich privat, also nicht als Patient, näher kennenlernte, war ein alter Allgemeinarzt mit gutgehender Praxis in Fukushima. Der hat sich Wortspiele ausgedacht wie so ein Manga-Autor, die fand aber niemand anderes als er selber total lustig. Ich habe etliche übernommen zumal sie für mich oft schon verständlich waren, damals habe ich als Anfänger intensiv die Sprache gelernt. Als ich später eloquent genug war, um auch mal eine witzige Bemerkung zu machen, hatte ich damit überhaupt keinen Publikumserfolg. Aber nicht, weil das etwa als unverständlich, gar abscheulich oder so angekommen wäre sondern nur als unlustig. Mein Onkel gehört auch zu diesem Personenkreis und hat mir z.B., das muß so Ende der 1970er gewesen sein, erzählt, daß der supercoole Superdetektiv "Jerry Cotton" auf Deutsch eigentlich "Jeremias Baumwolle" heißen würden. Das ist zwar per se lustig, aber diese Krimiserie gab es damals bereits seit einem Vierteljahrhundert. Als ich vor etlichen Jahren im Krankenhaus mal in Gegenwart von Pflegepersonal ein bißchen über den blöden Humor des abteilungsleitenden Alpha-Arztes lästerte, bekam ich eifrige Zustimmung. Auch der Langfingfang hatte schon anno dunnemals soonen Bart.
OK, meine Stichprobe ist viel zu klein und nicht repräsentativ. Ihre Aussage aber läßt sich zusammenfassen wie folgt:
Im Vergleich verschiedener Berufsgruppen, speziell solcher, die viel reden, ist der Anteil des Humor-zum-Fremdschämen bei Ärzten besonders hoch.