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Atomkraft in Japan
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atomu


Beiträge: 2.677
Beitrag #21
RE: Atomkraft in Japan
Zitat: Ich glaube nicht, dass man in Deutschland jemals von Massenhysterie in punkto Atomkratft sprechen konnte.
Dann hast du das mit Tschernobyl wohl nicht mehr miterlebt, ganz zu schweigen von den heißen Debatten quer durch alle Gesellschaftsschichten Anfang der 80er Jahre. Gab es die in Japan eigentlich nicht?

Nach wie vor interessieren mich ja mehr die Zustände in Japan. Jetzt habe ich mal diese Karte aller AKWs in Japan gefunden:

[Bild: 03.gif]

正義の味方
13.08.04 11:52
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Mangus


Beiträge: 254
Beitrag #22
RE: Atomkraft in Japan
Ausführliche Daten zu stillgelegten, aktiven und geplanten Reaktoren findet der geduldige Leser bei den Landesprofilen der IAEA. Natürlich gibt es dort Informationen zu Japan, wie für alle Länder sehr umfangreich und informativ.

Zitat:Und ich lasse das politische Manipulationselement einfach nicht gelten, weil das SO einfach nicht stimmt.

Und ich lasse Dein Veto nicht gelten, diskutiere aber gerne ein Gegenargument.

Baustelle
13.08.04 14:24
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atomu


Beiträge: 2.677
Beitrag #23
RE: Atomkraft in Japan
Danke Mangus der Link ist wirklich umfangreich und informativ. Zudem seriös. Werde mir das noch "geduldig" durchlesen. Beim ersten Überfliegen habe ich die gleiche Karte noch mal auf Englisch gefunden. Mal sehen, ob die sich auch so schön hier einbinden lässt:


[Bild: figure3.gif]

正義の味方
14.08.04 00:19
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Denkbär


Beiträge: 677
Beitrag #24
RE: Atomkraft in Japan
Hallo Mangus,
kurz hierzu:

Zitat: Zitat:

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Und ich lasse das politische Manipulationselement einfach nicht gelten, weil das SO einfach nicht stimmt.




Und ich lasse Dein Veto nicht gelten, diskutiere aber gerne ein Gegenargument.

Gegenargument gibts nicht, weil du für mich kein Argument geliefert hast, sondern lediglich eine Meinung, die ich nun mal für falsch halte. Hier nur ein Beispiel:

Zitat: Nur haben wir hier den Unterschied, daß die Grünen und ähnliche Maschinenstürmer permanent Propaganda betreiben und Ängste schüren - natürlich ohne Verständnis zu vermittlen, denn was man versteht, fürchtet man nicht. Dem ist in Japan offenbar nicht so, denn was hier als Anti-Atomkraft-Bewegung läuft, basiert zum größten Teil auf Panikmache und Demagogie zum politischen Machtgewinn.


Ich finde das schon recht diffamierend, allen gegenüber, die in einer protestfreudigeren Zeit ihre Meinung klar rübergebracht haben. Die Grünen sind nicht Urheber dieses Protest, sondern genau aus solchen Protestbewegungen entstanden. Die Menschen sind damals nicht auf die Straße gegangen, weil sie ihre politische Strömung wiedergeben wollten, sondern weil sie sich Sorgen gemacht haben.

Bitfresser hat pro und contra schon mal zusammengefasst:

Zitat: - Die Kernenergie koennte, wenn sie alle nichtregenerativen Energien ersetzen wuerde (Erdoel, -gas, Braun-, Steinkohle ), den Weltprimaerenergiebedarf gerade mal 5 Jahre decken.
- Die Endlagerung abgenutzter Brennstaebe ist noch heute nicht geloest. Man lagert immer noch in Zwischenlagern.
- Ein Kernkraftwerk kann bei einem Unfall ganze Landstriche fuer mehrere Jahre unbewohnbar machen.
- Noch immer sind erhoehte Krankheitsfaelle wie Leukaemie in der Naehe von Kernkraftwerken nicht geklaert.
- Es werden technische Mindestgroessen vorausgesetzt

Jetzt aber auch mal was dafuer:
- Kernenergie ist kuenstlich vermehrbar (Der schnelle Brueter)
- Kernenergie kann Maschinen sehr lange unabhaengig betreiben (Siehe U-Boote)
- Kernenergie ist sehr billig

Hab ich mir das nur eingebildet, oder haben Tschernobyl, Harrisburg u. a. nicht stattgefunden? Und jedes Jahr gibt es immer noch diverse kleinere davon? Und es gibt immer noch Krankheitsfälle um solche Anlagen herum? Ich will ja gar nicht abstreiten, dass es auch zu Panikmache kommt und im Gegenzug dazu zu "Es ist doch alles sicher"-Parolen der Gegenseite. Aber einfach zu behaupten, dass Kernkraftgegner halt der Parole folgen, die sie am besten manipuliert hat, ist verachtend gegenüber den Leuten, die sich - völlig berechtigt - Sorgen machen. Dass heute kaum mehr protestiert wird, liegt auch daran, dass man offenbar als Bürger kaum was ändern kann, eine Lektion, die man in der Protestzeit bitter lernen musste.

So, jetzt ist genau das passiert, was atomu nicht wollte (selber schuld atomu zunge ). Aber diese Ansicht von dir wollte ich nicht so stehen lassen, ohne dass eine Gegenansicht vorhanden ist. Wie wollen wirs jetzt halten? Lassen wir beides so stehen? Du bist der Ansicht, dass alles politische Manipulation ist, ich bin der Ansicht, dass die Protestbewegung durchaus Grund zur Besorgnis hat? Wäre vielleicht das Beste, damit es nicht noch mehr zu OT wird.
Gruß von Denkbär
14.08.04 10:26
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Mangus


Beiträge: 254
Beitrag #25
RE: Atomkraft in Japan
Denkbär, weiteres Diskutieren würde den Thread sprengen, da stimme ich Dir zu.

Die Karte gibt es hier noch mal im farbigen Original. Das ist die Seite des japanischen Stromerzeugerverbandes.

Baustelle
14.08.04 18:31
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Mangus


Beiträge: 254
Beitrag #26
RE: Atomkraft in Japan
Anfang des Jahres hat ein japanischer Professor eine umfangreiche Umfrage zu diesem Thema veröffentlicht. Er stellt japanweit die öffentliche Meinung zur Energiewirtschaft im Allgemeinen und Kernenergie im Besonderen fest. Hier findet man das Ganze als PDF von 237kB.

Falls sich jemand wundert: Pluthermal ist ein englisch klingendes japanisches Kunstwort aus Plutonium und Thermal. Es bezeichnet MOX-Brennelemente, die eine Mischung aus Uran- und Plutoniumoxid enthalten. Ich kannte das Wort auch nicht, der Autor liebt es jedoch und benutzt es, so oft wie möglich. hoho

Baustelle
18.08.04 20:18
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Bitfresser


Beiträge: 1.702
Beitrag #27
RE: Atomkraft in Japan
Vielleicht gibt es ja den ein oder anderen, den folgender Link interessiert:
http://www.ippnw-hamburg.de/tokaimu1.htm

If you have further questions ...
31.08.04 22:00
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Mika die Große


Beiträge: 98
Beitrag #28
RE: Atomkraft in Japan
Ich wollte noch mal was zu der Behauptung sagen, drei von vier Deutschen wören ebenfalls nicht an dem Thema interessiert. Vielleicht ist meine Klasse einfach nur zu intelektuell, aber ich weiß noch, wie wir beim Deutschthema "Problemerörterung" sehr intensiv, emotional und größtenteils fundiert über dieses Thema diskutiert haben - die ganze Klasse

Und zu Japan-
Zu dem "Warum?" weiß ich auch nichts, aber ich möchte hier mal eine kleine Anekdote anbringen:
Ein paar Tage nach dem Unfall trafen wir Austauschschüler uns, und alle erzählten, Freunde und Verwandte in den diversen Heimatlöndern hätten sich nach irgendsoeinem AKW-Unfall erkundigt, ob sie jetzt Angst hätten etc., die Daheimgebliebenen hätten sehr informiert gewirkt. Im Gegensatz zu den Austauschschülern, die absolut keine Ahnung hatten! Ich hatte zufällig im Fernsehen die 30s-Berichterstattung und ein paar Tage später die vertrauenswürdigen Herren in Anzügen, die versicherten, das wäre alles gar nicht so schlimm uind überhaupt, gesehen, und kurz darauf bei web.de auf der Hauptseite einen Artikel darüber lesen, und so konnte ich meine Kollegen darüber aufklären, was eigentlich los war (die Uninformiertheit beruhte darauf, dass wir nicht telefonieren dürfen und daher nur Mails getauscht werden)

Vielleicht sind die Japaner auch gar nicht uninteressiert, sondern nur autoritätsgläubig? Wenn da ehrwürdige ältere Männer in ordentlichen Anzügen vors Mikro treten und mit ruhiger Stimme versichern, das gar nichts Schlimmes passiert ist, wer wollte da unbedingt sich aus seinem bequemen, keine Uneinigkeit hervorrufenden (waren die Japaner nicht für ihre, manchmal auf Kosten der eigenen Meinung gehenden, Einigkeit bekannt?) Alltagstrott erheben?

Faitto!
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 02.09.04 07:11 von Mika die Große.)
02.09.04 07:09
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chiisai hakuchoo


Beiträge: 530
Beitrag #29
RE: Atomkraft in Japan
Zitat:Beispielhaft sind die unqualifizierten Äußerungen der Grünen zum Atomausstieg vor dem ersten Amtsantritt. Wäre man erst einmal in der Regierung, würde man sofort die Atomkraftwerke abschalten lassen. Zu dumm, daß diese selbsternannten Experten nicht wußten, daß bei einer sofortigen Abschaltung in ganz Deutschland die Lichter ausgegangen wären.

Ob es uns paßt oder nicht, der Job eines Politikers ist es, Reden zu halten, mit denen er die Menschen überzeugen kann, ganz egal, ob er Quatsch redet oder nicht. Deshalb darf man auch diese Äußerung nicht auf die Goldwaage legen. Ich kenne den genauen Wortlaut nicht, aber selbst wenn sie gesagt haben "Wir stellen die Atomkraftwerke sofort ab", dann hieß das wohl eher "Wir schaffen die Atomkraftwerke so schnell wie möglich ab". Deshalb wird auch niemals ein Politiker entscheiden, ob und wann die Dinger abgeschaltet werden, sondern eine Gruppe von Experten.

Zitat:Die grüne Propaganda suggeriert auch recht erfolgreich, die Nutzung von Kernenergie in Waffen und Kraftwerken wäre dasselbe oder gleich gefährlich. Dem ist natürlich nicht so, genau so wie ein Schwert und ein Pflug nicht das selbe oder ähnlich gefährlich sind, obwohl exakt die gleiche Technologie hinter beiden steckt.

Ein ziemlich krasser Vergleich, der einer genaueren Betrachtung nicht besonders lange standhält. Dann wäre ALLES schlecht, denn es gibt eigentlich nichts, was bei falscher Handhabung - absichtlich oder unabsichtlich - nicht auch Schaden anrichten kann. Zwei Beispiele: Eine Frau wird von einem Radfahrer angefahren und erleidet einen Schädelbruch. Niemand würde schreien: "Schafft die Fahrräder ab!" Eine Kasperle-Theater fällt um und auf einen dreijährigen Jungen, der daraufhin an der Spielzeugtrompete erstickt, die er gerade im Mund hatte. Weder Kasperle-Theater noch Trompeten sollten abgeschafft werden.

Zitat:Der Grund warum Du Dich unverstanden fühlst, ist wohl, daß ich nicht verstehe, wie man Kernwaffen und Kernkraft einfach so in einen Topf werfen kann.

Ich habe nicht den Eindruck, daß sie oder jemand anders das tut. Ich persönlich verabscheue Atomwaffen und stelle Atomkraftwerke in Frage. Das ist weit entfernt von "in einen Topf werfen", obwohl ich mich in Botchans Äußerungen durchaus wiederfinde, abgesehen von den Theorien über Denken und Handeln der Japaner, denn damit kenne ich mich zu wenig aus.

Daß die Japaner allerdings auf Atomwaffen besonders empfindlich reagieren, ist durchaus verständlich. Ich erinnere mich an eine Erzählung von einer jungen Frau, die in Jerusalem in ein Taxi stieg. Ein alter Mann saß im selben Taxi, und er fragte die junge Frau, wo sie herkäme. Als sie sagte, sie käme aus Deutschland, stieg der Mann wortlos aus. Der Taxifahrer erklärte ihr, daß der alte Mann seine gesamte Familie im KZ verloren habe. Fair? Nein, denn die junge Frau ist lange nach der Nazi-Zeit geboren worden, und der alte Mann hatte keine Ahnung, was sie selbst davon hielt. Verständlich? Absolut, denn solch bittere Erfahrungen sitzen so tief, daß es schwerfällt, über den eigenen Schatten zu springen.

Zitat:Fazit:
Eine zivile Einrichtung mit der gleichen Technologie schafft immer Nutzen.

Wenn die Welt so simpel wäre, dann bräuchten wir diese Diskussion nicht.

Zitat:Es ist genau anderherum, Botchan. Schau Dir diesen Thread bitte noch mal an, hier hat doch kaum jemand gepostet, auch hier herrscht Desintresse.

Damit hast du teilweise Recht. Das Problem ist überall auf der Welt, daß wir persönlich Atomwaffen nicht brauchen. Es schadet uns also nicht, wenn sie abgeschafft werden. Schaffen wir aber die AKWs ab, dann müssen wir uns andere - möglicherweise teurere - Möglichkeiten zur Energiegewinnung suchen. Das aber ist definitiv kein japanisches Problem, sondern ein menschliches. Es ist leicht, gegen etwas zu wettern, was man nicht braucht, aber es ist sehr viel schwerer, gegen etwas zu wettern, dessen Verlust man selbst schmerzlich spüren würde. Ich erwische mich selbst manches Mal dabei und bin froh, daß ich es wenigstens noch merke, mir meine Gedanken darüber mache und dementsprechend handle.

Zitat:Die Frage also lautet: WARUM IST DAS DORT SO?

Weil Politiker die Kunst des "Einlullens" hervorragend beherrschen, und nachdem ich ihn nun ein paar Mal in den Nachrichten gesehen habe, habe ich den Eindruck, daß Junichiro Koizumi darin besonders gut ist. Wie sehr sich das Volk einlullen läßt, hängt natürlich von den Menschen ab, und ich denke, oder vielmehr fürchte, daß die Japaner dafür eher prädestiniert sind als z.B. die Deutschen. Das hat mit Vergangenheit, Mentalität und Erziehung zu tun, und es dauert Generationen, bis es sich sichtbar ändert. Was hier als "Massenhysterie" beschrieben wurde, würde ich also eher als Aufmerksamkeit bezeichnen, und einen Fehler kann ich darin nicht entdecken.

Das Desinteresse ist nicht so ausgeprägt, wie es Pessimisten gerne darstellen. Man kann weder in Deutschland noch in Japan eine Statistik aufstellen, wieviele Menschen sich an einer solchen Diskussion beteiligen, es ist eher eine Frage, ob das Glas halbleer oder halbvoll ist. Jedenfalls bin ich in den 80er Jahren auch auf die Straße gegangen und habe den Krefelder Apell unterschrieben, und wir haben etwas erreicht.

Bleibt zu hoffen, daß auch die Japaner und noch ein weiteres, sehr großes Volk weit weit westlich von Japan irgendwann begreifen wird, daß Politiker dafür da sind, die Meinung des Volkes zu vertreten, nicht umgekehrt.

Eine fremde Sprache zu beherrschen knüpft ein Band zwischen den Menschen, das ohne dieses Wissen niemals existieren könnte.
www.edition-ginga.de
02.09.04 12:38
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Mangus


Beiträge: 254
Beitrag #30
RE: Atomkraft in Japan
Zitat:Ob es uns paßt oder nicht, der Job eines Politikers ist es, Reden zu halten, mit denen er die Menschen überzeugen kann, ganz egal, ob er Quatsch redet oder nicht.

Warum sich dann über Koizumis Einlullen aufregen? Er gibt sich doch bloß Mühe in seinem Job. zwinker

Zu Schwert und Pflug - Natürlich ist dieser Vergleich vereinfacht, denn er soll folgenden Punkt verdeutlichen: Es geht darum, daß eine Technologie zum Nutzen und zum Schaden der Menschen gebraucht werden kann. Der entscheidende Unterschied ist der Wille des Menschen, nicht die Technologie. Das steht auch im Fazit, natürlich mit allen Punkten.

Der eine Topf - Da es um Atomkraft in Japan geht, ist es für mich unverständlich, wie man auf Kernwaffen kommen kann. Das paßt zusammen wie Haushaltsreiniger und Giftgas.
Was soll die Geschichte mit dem Taxi mit diesem Thema zu tun haben? Das ist mir schleierhaft.

Desintresse - Siehe die Umfrage, zu der ich den Link gepostet habe. Sicher ist es geringer als ich unterstellt habe, aber in ein paar Jahren ist es so weit.

Baustelle
02.09.04 22:33
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Atomkraft in Japan
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