Zitat:Beispielhaft sind die unqualifizierten Äußerungen der Grünen zum Atomausstieg vor dem ersten Amtsantritt. Wäre man erst einmal in der Regierung, würde man sofort die Atomkraftwerke abschalten lassen. Zu dumm, daß diese selbsternannten Experten nicht wußten, daß bei einer sofortigen Abschaltung in ganz Deutschland die Lichter ausgegangen wären.
Ob es uns paßt oder nicht, der Job eines Politikers ist es, Reden zu halten, mit denen er die Menschen überzeugen kann, ganz egal, ob er Quatsch redet oder nicht. Deshalb darf man auch diese Äußerung nicht auf die Goldwaage legen. Ich kenne den genauen Wortlaut nicht, aber selbst wenn sie gesagt haben "Wir stellen die Atomkraftwerke sofort ab", dann hieß das wohl eher "Wir schaffen die Atomkraftwerke so schnell wie möglich ab". Deshalb wird auch niemals ein Politiker entscheiden, ob und wann die Dinger abgeschaltet werden, sondern eine Gruppe von Experten.
Zitat:Die grüne Propaganda suggeriert auch recht erfolgreich, die Nutzung von Kernenergie in Waffen und Kraftwerken wäre dasselbe oder gleich gefährlich. Dem ist natürlich nicht so, genau so wie ein Schwert und ein Pflug nicht das selbe oder ähnlich gefährlich sind, obwohl exakt die gleiche Technologie hinter beiden steckt.
Ein ziemlich krasser Vergleich, der einer genaueren Betrachtung nicht besonders lange standhält. Dann wäre ALLES schlecht, denn es gibt eigentlich nichts, was bei falscher Handhabung - absichtlich oder unabsichtlich - nicht auch Schaden anrichten kann. Zwei Beispiele: Eine Frau wird von einem Radfahrer angefahren und erleidet einen Schädelbruch. Niemand würde schreien: "Schafft die Fahrräder ab!" Eine Kasperle-Theater fällt um und auf einen dreijährigen Jungen, der daraufhin an der Spielzeugtrompete erstickt, die er gerade im Mund hatte. Weder Kasperle-Theater noch Trompeten sollten abgeschafft werden.
Zitat:Der Grund warum Du Dich unverstanden fühlst, ist wohl, daß ich nicht verstehe, wie man Kernwaffen und Kernkraft einfach so in einen Topf werfen kann.
Ich habe nicht den Eindruck, daß sie oder jemand anders das tut. Ich persönlich verabscheue Atomwaffen und stelle Atomkraftwerke in Frage. Das ist weit entfernt von "in einen Topf werfen", obwohl ich mich in Botchans Äußerungen durchaus wiederfinde, abgesehen von den Theorien über Denken und Handeln der Japaner, denn damit kenne ich mich zu wenig aus.
Daß die Japaner allerdings auf Atomwaffen besonders empfindlich reagieren, ist durchaus verständlich. Ich erinnere mich an eine Erzählung von einer jungen Frau, die in Jerusalem in ein Taxi stieg. Ein alter Mann saß im selben Taxi, und er fragte die junge Frau, wo sie herkäme. Als sie sagte, sie käme aus Deutschland, stieg der Mann wortlos aus. Der Taxifahrer erklärte ihr, daß der alte Mann seine gesamte Familie im KZ verloren habe. Fair? Nein, denn die junge Frau ist lange nach der Nazi-Zeit geboren worden, und der alte Mann hatte keine Ahnung, was sie selbst davon hielt. Verständlich? Absolut, denn solch bittere Erfahrungen sitzen so tief, daß es schwerfällt, über den eigenen Schatten zu springen.
Zitat:Fazit:
Eine zivile Einrichtung mit der gleichen Technologie schafft immer Nutzen.
Wenn die Welt so simpel wäre, dann bräuchten wir diese Diskussion nicht.
Zitat:Es ist genau anderherum, Botchan. Schau Dir diesen Thread bitte noch mal an, hier hat doch kaum jemand gepostet, auch hier herrscht Desintresse.
Damit hast du teilweise Recht. Das Problem ist überall auf der Welt, daß wir persönlich Atomwaffen nicht brauchen. Es schadet uns also nicht, wenn sie abgeschafft werden. Schaffen wir aber die AKWs ab, dann müssen wir uns andere - möglicherweise teurere - Möglichkeiten zur Energiegewinnung suchen. Das aber ist definitiv kein japanisches Problem, sondern ein menschliches. Es ist leicht, gegen etwas zu wettern, was man nicht braucht, aber es ist sehr viel schwerer, gegen etwas zu wettern, dessen Verlust man selbst schmerzlich spüren würde. Ich erwische mich selbst manches Mal dabei und bin froh, daß ich es wenigstens noch merke, mir meine Gedanken darüber mache und dementsprechend handle.
Zitat:Die Frage also lautet: WARUM IST DAS DORT SO?
Weil Politiker die Kunst des "Einlullens" hervorragend beherrschen, und nachdem ich ihn nun ein paar Mal in den Nachrichten gesehen habe, habe ich den Eindruck, daß Junichiro Koizumi darin besonders gut ist. Wie sehr sich das Volk einlullen läßt, hängt natürlich von den Menschen ab, und ich denke, oder vielmehr fürchte, daß die Japaner dafür eher prädestiniert sind als z.B. die Deutschen. Das hat mit Vergangenheit, Mentalität und Erziehung zu tun, und es dauert Generationen, bis es sich sichtbar ändert. Was hier als "Massenhysterie" beschrieben wurde, würde ich also eher als Aufmerksamkeit bezeichnen, und einen Fehler kann ich darin nicht entdecken.
Das Desinteresse ist nicht so ausgeprägt, wie es Pessimisten gerne darstellen. Man kann weder in Deutschland noch in Japan eine Statistik aufstellen, wieviele Menschen sich an einer solchen Diskussion beteiligen, es ist eher eine Frage, ob das Glas halbleer oder halbvoll ist. Jedenfalls bin ich in den 80er Jahren auch auf die Straße gegangen und habe den Krefelder Apell unterschrieben, und wir haben etwas erreicht.
Bleibt zu hoffen, daß auch die Japaner und noch ein weiteres, sehr großes Volk weit weit westlich von Japan irgendwann begreifen wird, daß Politiker dafür da sind, die Meinung des Volkes zu vertreten, nicht umgekehrt.