Zitat:Japaner lernen an der Schule eben noch Bungo, und halten vielleicht daher an alter Terminologie fest. Daß dabei diachrone und synchrone Beobachtung vermengt wird, mag dem Linguisten weh tun, aber es geht doch nur darum Grammatik so zu beschreiben, daß es möglichst viele verstehen.
Und damit "möglichst viele es verstehen" ist es nötig, ~1500 Jahre Sprachgeschichte über einen Kamm zu scheren? Die Unterscheidung rentaikei/shûshikei ist für das Gegenwartsjapanische ein schlechter - und vor allem völlig unnötiger - Witz, leichter wäre es, wenn diese überflüssige Einteilung nicht vorgenommen werden würde. Und daß offensichtlich von der Regel abweichend flektierende Verben nicht als unregelmäßig angesehen werden, sondern einfach so getan wird, als ob alle Verben der Gegenwart mit Ausnahme von する (+ sämtliche historisch daraus abgeleitete Formen, vgl. 信じる, 案じる etc) und くる regelmäßig wären,
das soll dazu dienen, daß "möglichst viele es verstehen"? Sorry, aber das kann ich nicht nachvollziehen.
Für 文語-Kram gibts doch auch noch weitere unregelmäßige Flexionsklassen, ラ変 und ナ変. Letztere Flexionsklasse umfaßt gerade mal 2 Lexemverben (死ぬ & 往ぬ), da ist die Gruppe, die bikkuri angesprochen hat, z.B. sogar ein paar mal größer. Trotzdem bekommen diese Verben für die Gegenwartssprache keinerlei spezielle Zuordnung - die beiden o.g. für die 文語 jedoch schon. Sind dann halt einfach alles stinknormale 五段動詞.
Erstere Flexionsklasse ist noch verwunderlicher, da die Formen der ラ変活用 völlig identisch sind mit jedem x-beliebigen ラ行五段動詞. Unterschiedlich ist nur der Gebrauch der Formen im Satz (Basis als standardmäßige Satzschlußform bei den ラ変), die Formen selbst sind völlig identisch. Trotzdem bekommen diese Verben gleich eine eigene Flexionsklasse, wenn auch eine Einordnung als Subklasse der ラ行五段動詞 völlig ausgereicht hätte. Auf der anderen Seite bekommen dann Verben 行く, くれる etc nichtmal einen Hinweis darauf, daß es sich nicht um normale 五段 bzw. 一段動詞 handelt.
Wenn es also "nur darum [geht], Grammatik so zu beschreiben, daß es möglichst viele verstehen", dann sollte man m.E. genau sowas wie oben beschrieben
vermeiden. Aber lassen wir das... verteilt auf so einige Beiträge hab ich ja schon so einiges zur Schulgrammatik geschrieben, wer Interesse an dessen Unzulänglichkeiten hat, kann ja im Forum danach suchen. Für den Thread hier ist das erstmal nur zweitrangig.
Zitat:Imperativ von kureru -> kureyo. Regelmäßig.
Nur existiert auch diese Form wie die zuvor vorgebrachten 行きて etc im Tokyoter Standard nicht. Dialektal (vor allem in Westjapan) nicht ungewöhnlich viell., aber ich hatte angenommen, es ginge hier um die sog. Standardsprache der Gegenwart.
Man kann natürlich nach so ziemlich jede Imperativform die Partikel =yo packen - wie bei 待てよ, 黙れよ oder sonstwas -, aber das würde nichts daran ändern, daß くれよ als bloße Imperativform im Standardjapanischen nicht existiert. Analog zu eben genannten Bsp. handelt es sich dann nämlich um die (unregelmäßige) Imperativform gefolgt von der Partikel =yo.
Das alles ändert also nichts daran: くれる verfügt nicht über keine Imperativform wie *くれろ, was dem Standard für 一段動詞 entspräche, sondern lediglich über くれ und ist damit unregelmäßig in dieser Hinsicht.
Allgemein dann: Sicher gibt es bei den 五段動詞 Lautverschleifungen - aber die sind nicht zufällig oder fakultativ, sondern erstens obligatorisch (d.h. es gibt keine unverschliffenen Formen von 書いて, 急いで, 吸って oder so) und vor allem wieder
regelmäßig. D.h., 五段動詞 verhalten sich ganz offensichtlich anders als 一段動詞, aber innerhalb der 五段動詞 sind alle Veränderungen wieder völlig regelmäßig.
Zudem... wie ich schon sagte, "unregelmäßig" bedeutet hier eigtl. nichts anderes als "es liegt nur 1 Bsp. für diese Flexionsart vor oder zumindest nur ziemlich wenige" (die quantitative Grenze liegt natürlich im Ermessen jedes einzelnen; die nasaru/ossharu/...-Gruppe z.B. ist so klein, daß ich sie noch als unregelmäßig einordnen würde, wären es aber vielleicht 30-40 Verben dieser Art, würde ichs schon wieder anders sehen). 五段動詞 und 一段動詞 hingegen gibt es jeweils gleich in Hundertschaften, weshalb man diese wohl als "Regel" ansehen darf. Analog zu obigem "unregelmäßig" bedeutet "regelmäßig" letztlich auch nur, daß eine große Menge an Bsp. für diese Art vorliegen und daß alle "regelmäßigen" Verben zusammen den überwiegenden Teil der Gesamtmenge ausmachen.
Letzlich ist es mir auch völlig egal, ob die Schulgrammatik nun A oder B sagt. Was in meinen Augen zählt - egal, ob es nun darum geht, daß ich selber die Sprache lernen will, oder darum, daß ich sie anderen erklären will - ist Präzision und Korrektheit und keine sog. "didaktische Reduktion", die heuchelt, sie rezudiere den Lernstoff oder sonstwas, aber in Wirklichkeit verschleiert sie bloß die Tatsachen und ist damit eine vorzügliche Fehlerquelle.
Lernt irgendwer 1) "bei 一段動詞 gilt: Imperativ = ます-Form ohne ます und dann ein ろ dran" oder so und 2) "くれる ist ein 一段動詞 und bedeutet dies und das", wird er mit Sicherheit auch Formen wie くれろ bilden. Sowas könnte man ganz einfach umgehen, indem man くれる als das ansieht - und auch so bezeichnet! - was es ist: ein unregelmäßiges Verb mit Nähe zu den vokalischen Verben/一段動詞.
EDIT: 2 Formen im letzten Absatz korr.