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Xenophobie?
Verfasser Nachricht
Ben


Beiträge: 11
Beitrag #1
Xenophobie?
Hi Leute,

Seit einem halben Jahr lebe ich jetzt in Tokyo und es werden wohl auch noch ein paar Jahre hinzukommen. Eine Sache, die mich brennend interessieren wuerde, waere ob die von euch schon in Japan waren, die latente Xenophobie der Japaner kennengelernt haben?

Zur Erklaerung dessen was ich meine, sollte ich wohl mal vorab sagen, dass idR Japaner sehr hoefliche und freundliche Menschen sind (hoeflicher und freundlicher als man als Deutscher gewohnt ist) und ich Ihnen hier auch keinen Rechtsradikalismus voerwerfen will, aber einige Sachen sind schon interessant.

Das klassische Beispiel ist wohl das Mieten einer Wohnung. Zunaechst wollen viele Japaner generell nicht an Auslaender vermieten - und das unabhaengig davon ob dieser Japanisch spricht oder nicht. Sollte dann jemand doch dazu bereit sein, brauch man entweder einen Japaner als Buergen oder aber eine hinreichend gute Firma. Selbst wenn all das erfuellt ist, so sind die Angebote, die einem zur Verfuegung stehen eher am unteren Rand der Skala angesiedelt.

Im selben Kontext habe ich mal einen Versuch unternommen. Eine Freundin von mir und ich haben bei der selben Firma Wohnungs-Angebote fuer mich eingeholt. Einmal auf Englisch, einmal auf Japanisch, genau die identischen Anforderungen nur, der einzige Unterschied war der Name (wir konnten ja schlecht zweimal den selben Namen verwenden) und die Faxnummer.
Das Ergebnis war, dass mir teurere, qualitativ schlechtere und kleinere Wohnungen zugefaxt wurden als ihr. Sehr krass oder?

Noch schlimmer geht es einer Freundin von mir, die halb Italienerin ist. Obwohl sie sehr Japanisch aussieht (nur halt nicht ganz so zierlich wie die meisten Japanerinnen) und fliessend Japanisch spricht (kein Wunder wenn man praktisch sein ganzes Leben in Japan gelebt hat) wird sie ueberall als Auslaenderin behandelt - sogar von Leuten die explizit wissen, dass sie japanische Staatsbuergerin in. Wenn dich deine Heimat "nicht haben will", dass ist schon krass.

Wie seht ihr das? Habt ihr aehnliche Erfahrungen gemacht? Wie ist das in Deutschland im Vergleich?

Fuer mich war das vielleicht deshalb etwas schockierender, da ich aus dem Grenzgebiet von Deutschland komme und "Auslaender" aus ganz Europa dort etwas alltaegliches sind. Keine Ahnung. Es wuerde mich ernsthaft interessieren was ihr denkt.

PS: Sorry fuer die seltsame Rechtschreibung - auf einer japanischen Tastatur mit deutschem Layout zu schreiben ist irgendwie unangenehm, deswegen alles ohne deutsche Sonderzeichen

"The best is yet to come"
06.07.06 07:24
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Anonymer User
Gast

 
Beitrag #2
RE: Xenophobie?
Ich vermute mal, dass Dir da einige hier von ein Lied singen können. Aus meinem Bekanntenkreis habe ich auch viele ähnliche Stories gehört. Ich selbst habe diese Erfahrungen nur sehr bedingt gemacht, weil ich immer recht gut integriert war, aber dennoch habe ich so manches Mal das "Soto-Gefühl" verspürt. Ich denke, dass muss man einfach akzeptieren denn ändern kann man eh nichts dran. Wenn man damit nicht klar kommt, dann kann man nie lange in Japan leben.
Andererseits haben es Japaner in Deutschland auch nicht immer einfach. Von diesem "Warum habt Ihr schwarze Haare", "Warum esst Ihr Hunde und Katzen" und "Warum habt Ihr eigentlich überhaupt keine richtige Haustierkultur wie wir (!)", bis hin zum "Ching-Chang-Chong" hat man auch irgendwann die Nase voll. Und das sind noch harmlose Beispiele.
Aber unterm Strich denke ich schon, dass sich Ausländer in Deutschland leichter tun, als in Japan. Denn trotz aller Vorurteile und Neckereien ist es immerhin möglich, den Durchbruch in die deutsche Gesellschaft zu schaffen, in dieser zufrieden und überwiegend akzeptiert zu leben und erfolgreich zu arbeiten. Und je besser die Deutschen Sprachkenntnisse werden, desto leichter wird es. In Japan ist das eigentlich für mein Empfinden fast umgekehrt. Als "dummer" Touri bist Du noch sehr willkommen. Man lobt Dich überschwenglich für Deine ersten Brocken nihongo. Das ebbt allerdings sehr schnell ab, wenn Du wirklich tief in die Sprache einsteigst und irgendwie "dazugehören" und ernstgenomen werden möchtest. Da helfen wohl nur gute Beziehungen, Geduld, starker Wille und dickes Fell hoho

[AUT] Neuling [/b]
06.07.06 13:27
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atomu


Beiträge: 2.677
Beitrag #3
RE: Xenophobie?
Xe|no|pho|bie die; -: Fremdenfeindlichkeit; Ggs. Xenophilie

(Duden - Das Fremdwörterbuch, 8.Aufl. Mannheim 2005)

So schlimm fand ich das bis jetzt wohl noch nicht, denn das Wort war mir bekannt, aber nicht vertraut. Ich habe es vorsichtshalber noch mal nachgeschlagen. Da ich nie länger als 5 Wochen in Japan war, habe ich wahrscheinlich nur eine leise Ahnung von dem, was einem in der Hinsicht in Japan widerfahren, und wie man sich danach fühlen kann. Aber ich halte die Erfahrungen von Ben und Neuling dennoch für sehr nachvollziehbar. Ich kenne zudem einige Leute, die schon lange in Japan leben und Ähnliches berichten.

Zitat: Andererseits haben es Japaner in Deutschland auch nicht immer einfach.
Jepp. Und es wird nicht unbedingt besser, wenn sie lange in Deutschland sind. Es ändert sich vielleicht nur die "gefühlte" Qualität der Xenophobie.

Zitat: Ich denke, das muss man einfach akzeptieren, denn ändern kann man eh nichts dran. Wenn man damit nicht klar kommt, dann kann man nie lange in Japan leben.
Denke ich auch.

正義の味方
06.07.06 13:50
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kage


Beiträge: 187
Beitrag #4
RE: Xenophobie?
Zitat:
Zitat: Andererseits haben es Japaner in Deutschland auch nicht immer einfach.
Jepp. Und es wird nicht unbedingt besser, wenn sie lange in Deutschland sind. Es ändert sich vielleicht nur die "gefühlte" Qualität der Xenophobie.
Generell hängt die erlebte Fremdenfeindlichkeit in Deutschland sicher auch davon ab, wo man lebt (Stadt, Land, Nord, Süd usw.) und 'was für ein Fremder' man ist. SchwedInnen machen generell bessere Erfahrungen als RumänInnen, JapanerInnen bessere als SchwarzafrikanerInnen.
Besonders skurril wird es natürlich z.B. für Deutsche mit einem jap. Elternteil oder schwarze Deutsche, die werden immer wieder gefragt, wann sie denn "nach Hause zurückkehren".

(ist hoffentlich nicht zu OT)
grins
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 06.07.06 14:27 von kage.)
06.07.06 14:24
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Azumi


Beiträge: 434
Beitrag #5
RE: Xenophobie?
Japan kann man nicht mit Deutschland vergleichen. Auch nicht das Verhalten Ausländern gegenüber.
Japaner sind Ausländer nicht so im Alltag gewohnt wie wir. Sie sind harmoniebedürftig und an Japaner zu vermieten erzeugt in ihren Köpfen einfach weniger Fragezeichen. Sie sind nicht so "risikofreudig" wie Europäer, d.h. im Zweifelsfalle lassen sie es einfach, während der Europäer sagt: "komm, geben wir ihm 'ne Chance!".

熟能生巧
06.07.06 16:13
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Anonymer User
Gast

 
Beitrag #6
RE: Xenophobie?
Finde ich eigentlich keine üble Erklärung, aber dennoch sollte man das Problem nicht zu sehr verharmlosen. Es gibt auch genug echte Rassisten auf den Inseln, die es nicht ertragen können, einen "stinkenden Gaijin" in ihrer Nähe zu haben, der sowieso nie in der Lage sein wird, seine Sprache zu erlernen. Was einem da so an Arroganz begegnen kann, finde ich schon recht einmalig.

[AUT] Neuling [/b]
06.07.06 16:58
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Azumi


Beiträge: 434
Beitrag #7
RE: Xenophobie?
Fremdenfeindlichkeit findet man überall, wenn man nur richtig sucht.
Da gibt es nur 2 Dinge, die man tun kann: cool bleiben + lächeln oder nach Hause fahren! grins

熟能生巧
06.07.06 19:54
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Danieru


Beiträge: 738
Beitrag #8
RE: Xenophobie?
Stinkende Gaijin? Herrjemine. Wir leben doch nicht mehr im Zeitalter von Tokugawa, Perry und Adams.

Ich habe es selbst erlebt und es ist mir von mehreren anderen Ausländern, die seit vielen Jahren in Japan leben und arbeiten bestätigt worden, dass man zwar sicherlich Bereiche findet, in denen man negative Erfahrungen machen kann, aber man ebensogut auch viele Beispiele für Situationen finden kann, in denen man seinen "Sonderstatus" als Ausländer wunderbar ausnutzen kann (wenn man das wollte).

Bei solchen Problemen sollte man sich immer vor Augen halten, dass die Voraussetzungen einfach nicht gegeben sind wie in Deutschland. In Japan hat man nicht fast 10% Ausländer, sondern nur einen (wovon auch nur ein Bruchteil weißer Hautfarbe ist).

"Sehr krass" finde ich die von Ben geschilderte Situation nicht. Solche Dinge werden so oder so ähnlich auch in Deutschland passieren.
Einige Formulierungen halte ich doch für maßlos übertrieben (die Situation gibt ihm keinen Anlass für Aussagen à la "wenn dich deine Heimat nicht will...".

人生は一箱のマッチに似ている。重大に扱うのはばかばかしい。重大に扱わねば危険である。『芥川龍之介』
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 06.07.06 20:10 von Danieru.)
06.07.06 20:09
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Ex-Mitglied (AU)
Gast

 
Beitrag #9
RE: Xenophobie?
Hey, hier kommt ja mal wieder Leben in die Bude zunge

Tja, beim Lesen dieses jungen Threads habe ich schon recht häufig nicken müssen. Meiner einer hat eine relativ grosse Affinität zu Japan, aber verleugnen, dass dieses Land bzw. seine Bewohner für Ausländer -sagen wir mal höflich- recht schwierig zu "erobern" ist, daran würde ich keinen Zweifel lassen.

Eine echte Integration für unsereins ist recht schwierig, wenn nicht unmöglich. Ich denke, dass wird ein jeder bestätigen können, der mal tiefer den "Rüssel in die jap. Gesellschaft gehalten hat" und weiss, wovon hier die Rede ist. Und der "stinkende Gaijin" ist übrigens nach wie vor in manchen Kreisen aktuell ... ein Bekannter von mir hat das im letzten Jahr erst selbst schmerzlich in einem Flugzeug als Nebensitzer eines Japaners erfahren müssen (zu blöd, wenn der dumme Ausländer auch noch japanisch versteht). Und das ist verletzender als jeder Hitlergruss, den man in England oder sonstwo an den Kopf gedonnert bekommt (jedenfalls für meine Begriffe).

Wie der Neuling (Anmeldung ausgeschlossen?) das schon andeutete, hat der "Sonderstatus als Gaijin" irgendwann mal eine Ende. Und dann muss jeder für sich entscheiden, ob er mit der jeweiligen Situation leben kann, oder eben nicht.

Aber in ein "Die armen kleinen Japanerle sind so harmoniebedürftig, wenig risikofreudig (weil praktisch?!) und so lange Zeit von der Aussenwelt abgeschottet gewesen", da kann ich so auch nicht mit einstimmen.
06.07.06 23:39
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irgendwer


Beiträge: 198
Beitrag #10
RE: Xenophobie?
ich seh das so: Idioten gibt es überall auf der Welt.

Und leider ist es auch in Deutschland so, daß man als Ausländer, insbesondere mit dunkler Hautfarbe Probleme hat.
Ich hab das mal mitbekommen, als ein Bekannter eine Wohnung gesucht hat. Da ist das, was Ben für Japan schreibt (weniger oder schlechtere Wohnungen) im Vergleich harmlos. In Deutschland wird dann einfach nicht vermietet oder anderen Interessenten der Vorzug gegeben.
Genauso wenn man sich (ich weiß es ist ein Klischee, aber leider ein wahres) mal in einer ostdeutschen Kleinstadt rumtreibt. Wenn man da zur falschen Zeit am falschen Ort ist...

Oft bekommt man als Deutscher von solchen Problemen gar nichts mit...

Wobei ich das Verhalten vieler Japaner da nicht schönreden möchte. Aber halt die Relation aufzeigen.
07.07.06 17:26
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Xenophobie?
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