Beitrag #11

@Heut Net: So eine Firma hätte mich garantiert nicht eingestellt! Im letzten Jahr war es so, daß Japanisch keine Voraussetzung war, bei uns sogar die Meetings etc. auf Englisch waren und in unserer Gruppe sogar die Japaner in der Regel untereinander Englisch geredet haben, wenn einer von uns dabei war. Die Firma war zwar eine Japanische, aber sehr verwestlicht und da in meiner Gruppe 50% Ausländer saßen, war die ganze Atmosphäre nicht sehr "japanisch". Trotzdem hätte ich in der Freizeit sicher meine Kollegen darum bitten können, mit mir Japanisch zu reden und niemand hätte damit ein Problem gehabt (außer mir vieleicht ) Denen habe ich aber größtenteils nichtmal erzählt, daß ich überhaupt Japanisch lerne. Also ganz klar ein Fall von "mein Fehler".

Und jetzt arbeite ich Teilzeit in einer IT-Firma, die die japanische Niederlassung einer ausländischen Firma ist... Mein Chef und die meisten Mitarbeiter sind zwar Japaner und der Chef hat sich auch vorher telefonisch vergewissert, ob man mit mir wirklich auf Japanisch kommunizieren kann, aber auch die haben viel mit Gaijins zu tun und auch untereinander sprechen die definitiv kein Keigo - zum Teil speziell die Programmierer untereinander nichtmal standardhöfliches Japanisch. Vielleicht sind IT-ler in dem Punkt "lockerer"?

Beitrag #12

Ich arbeite auch in der IT und habe die Erfahrung gemacht, daß meinen Kunden Keigo ziemlich egal ist, solange die Kommunikation funktioniert. Naja, es gibt häufig Lacher wenn ich mich besonders ulkig Ausdrücke... knabbert ein bißchen am Selbstbewußtsein aber man muß durch.
Ich habe mit einigen Ausländern gesprochen, die schon lange hier sind. Die allgemeine Erfahrung ist, daß man die ersten 5-6 Jahre Situationen in denen Keigo erforderlich ist meidet. Dies ist meist auch keine allzu großes Problem.

Beitrag #13

Zitat:Hallo Anja,
Vielleicht empfinde ich die Prioritäten ein wenig anders als Du, aber in erster Linie sehe ich erst Sprechen/Hörverständnis, dann Lesen und dann erst Schreiben als wichtig an.

Nee, das empfindest Du gar nicht anders. Ich sehe das genau wie Du... Deswegen frustriert mich das Ganze ja so. Aber wenn man nicht gerade in Japan lebt, ist vor allem das Sprechen und auch das Hoerverstehen einfach schwieriger zu lernen... Schriftlich konnte ich mit meinen Bekannten in Japan in Kontakt bleiben, was prinzipiell einen ganz guten Uebungseffekt hat und mit dem Muendlichen muss ich jetzt eben aufholen. (und das hoffentlich moeglichst bald... irgendwie fuehlt man sich einfach "behindert", wenn man sich nicht ordentlich ausdruecken kann)

Ich glaube, die naechsten Wochen bremse ich mich einfach mal in meiner Ungeduld uebe weiterhin Satzmuster, suche mir eine nette Tandempartnerin, und schaue mal, was passiert, wenn ich nicht immer gleich ausspreche, was mir als erstes in den Sinn kommt, sondern versuche, vernuenftiges Japanisch rauszubekommen. Irgendwie ist das zwar ein Schritt zurueck, weil ich es als ersten Erfolg empfunden hatte, einfach losreden zu koennen, ohne nachzudenken, aber es stimmt schon... Konstruktionen, die man nie nutzt, gehen auch nicht in den aktiven Wortschatz ueber. Das ein oder andere verstaendnisvolle und geduldige Gegenueber habe ich hier in der Firma gluecklicherweise. Irgendwann habe ich mir angewoehnt, moeglichst sofort zu versuchen, zu antworten, weil Japaner sonst immer gleich anfangen, zu wiederholen, was sie gesagt haben, weil sie glauben, dass man sie nicht verstanden hat, aber das kann ich ja erklaeren.