Beitrag #2
RE: Teezeremonie
Hallo Jessy.
Also, all zu viel Ahnung habe ich (bisher) auch noch nicht von der Teezeremonie (habe selbst erst sehr wenig gelernt), wohne zur Zeit aber in einer Gastfamilie, deren Frau Teemeisterin ist, und kriege dementsprechend so Einiges mit. Ich versuche mal, möglichst alle deine Fragen zu beantworten, darum wird es vielleicht etwas länger.
Abhalten kann man die Teezeremonie natürlich auch zu Hause, vorausgesetzt man hat die entsprechenden Vorrichtungen. Ein richtiges chashitsu ist relativ schlicht ausgestattet, natürlich mit Tatami ausgelegt (z.B. 2,7m x 2,7m), Tokonoma (mit Ikebana und Wandrollbild), sowie einem Kessel, der sich unter einem der Tatami befindet. Für eine einfache Teezeremonie reichen aber in der Regel schon Tatami (oder Ähnliches) aus, mindestens 3, da die Grenzlinien der Tatami eine große Rolle in der Teezeremonie spielen (Chawan-Platzierung). Wenn ich nach Deutschland zurückkehre, plane ich es selbst auch so, möglichst mit wenig Aufwand, zu machen (ein chashitsu habe ich ja auch nicht...).
Heute zählt die Teezeremonie zu jenen Künsten, die die wenigsten Japaner noch aktiv beherrschen. Ist man heute irgendwo zu Gast, wird der Tee normal, wie bei uns auch, serviert. Früher war die Teezeremonie aber durchaus ein übliches Ritual, zumindest in der oberen Bevölkerungsschicht. Ein solches Treffen dauert dabei mehrere Stunden (oft > 4), einschließlich Essen, der Vorgang, den wir heute als Teezeremonie bezeichnen, bildete dabei den Höhepunkt. Da es in Zeiten des ständigen Krieges nicht sicher war, sein Gegenüber noch einmal (lebend) wiederzusehen, wurde jedes sog. o-chaji als eine einmalige Begegnung zwischen Gast und Gastgeber angesehen (sog. "icho-go ichi-e", übersetzt "one time one meeting"). Wenn du schon einmal an einer Teezeremonie teilgenommen hast, wirst du diese besondere Atmosphäre sicher gespürt haben.
Unterschiede zwischen den einzelnen Varianten gibt es viele. In erster Linie unterscheiden sich die einzelnen Arten der Teezeremonie durch die Gegenstände, die dabei benutzt werden, wobei gilt: Je mehr Gegenstände, desto formeller ist der Anlass / komplizierter der Ablauf. Ich selbst staune immer wieder, welche Vielfalt an Möglichkeiten es gibt, weil man als Laie den einzelnen Utensilien ihren Zweck auch oft gar nicht so einfach ansehen kann. Auch gibt es einen Unterschied in der Zubereitung von dünnem und starkem Tee (usu-cha bzw. koi-cha), Winter- und Sommerzeremonie (der Wasserkessel unter dem Tatami wird zB nur im Winter verwendet), etc.
Als absolute Basis der Teezeremonie, auf deren Ablaufschritten praktisch die ganzen komplizierteren Varianten aufbauen, gilt das sog "ryakubon-date". Dafür braucht man folgende Utensilien:
- chawan (als Anfänger am besten eine Schale mit klar erkennbarer Vorderseite, 10 bis 12cm Durchmesser)
- maccha (und zwar usu-cha)
- natsume (aus dem der Maccha entnommen wird)
- chashaku (abgerundeter Bambus-Teelöffel, zum Entnehmen des Tees)
- chasen (Teebesen, mit dem der Tee aufgeschlagen wird)
- fukusa (quadrat. Tuch zum spirituellen Reinigen der Teeutensilien, am besten aus Seide) sowie ein Stück feuchtes, weißes Baumwolltuch, ebenfalls zum Reinigen (nur chawan)
- kensui (Behälter, in den das schmutzige Wasser entleert wird)
- Süßigkeit, z.B. higashi (trocken, aus Zucker, wird vor dem Tee serviert)
der Gast bekommt in der Regel:
- Sensu (ein besonders kleiner Fächer, um dem Gegenüber Respekt zu zollen, NICHT um sich abzukühlen)
- ein Holz- oder Metallstäbchen, um die Süßigkeit zu essen
- ein Stück Papier, für die Süßigkeit und zum Hände abwischen =)
Das Wasser für die Teezeremonie kann man entweder aus einer Thermoskanne gießen, man hat eine Teekanne dafür (warmhalten!) oder einen Kessel, aus dem das Wasser mit dem Hishaku entnommen wird. Letzteres ist die traditionelle Variante, im Ablauf aber etwas komplizierter. Generell sollte das Wasser für usu-cha um die 80°C heiß sein.
Wie gesagt, das sind die Basisutensilien, die notwendig sind, um eine Teezeremonie (regelkonform / traditionell) durchzuführen. Da die meisten dieser Sachen in Deutschland wahrscheinlich schwer zu bekommen sind, kannst du ja selbst mal mit dem, was dir zur Verfügung steht, ein bisschen rumexperimentieren. Ich rate dir aber, nicht einfach irgendetwas drauf los zu kaufen, solange du keine Möglichkeit hast, den korrekten Ablauf durch einen Lehrer zu erlernen. Im Selbststudium ist das m.M.n so gut wie nicht zu schaffen.
Achja, und die im Ausland erhältlichen sog. "japanischen Tee-Sets" haben mit der Teezeremonie nichts zu tun! Auch bei mehreren Gästen reicht i.d.R. ein chawan, der nach jedem Gast gereinigt wird.
Lg, Janina
P.S. Ich bin auch begeistert von der japanischen Kultur und Tradition =)
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