Beitrag #6
RE: Japanische Autoren in deutscher Übersetzung
Die deutschen Übersetzungen der Bücher von Murakami Haruki sind größtenteils überraschend gut gelungen. Allerdings gibt es auch ausnahmen wie z.B. "Mr. Aufziehvogel" welches a) keine Direktübersetzung, und b) gekürzt ist.
Generell würde ich dennoch die englischen Übersetzungen vorziehen, da Murakami selbst englischsprachige Autoren wie Truman Capote oder John Irving ins Japanische übersetzt und in den meisten der englischen Übersetzungen seiner Werke die Anmerkung "Translated from the Japanese by ~~ with the participation of the author" zu finden ist.
Meine Meinung zu den Büchern, die ich gelesen habe:
The Wind-Up Bird Chronicle / Mr. Aufziehvogel: das typischste, aber auch dickste und komplexeste Buch von Murakami. Besteht eigentlich aus drei Teilen, die allerdings zusammenhängen. Wenn du das Buch gelesen hast, kennst du seinen Stil schon ziemlich gut. Gerade auch wegen der Fülle findet sich hier alles, was Murakamis Stil ausmacht: die Einsamkeit, die unvergleichbare Metaphorik, die Möglichkeit, sich mit dem Protagonisten zu identifizieren obwohl seine Situation reichlich surreal ist, die relativ expliziten Sexszenen...ach, da ist sicher noch mehr. ^^
Wilde Schafsjagd: geht in Richtung Detektiv-Geschichte, hat aber auch das typisch mystische was Murakami ausmacht. Die Zukunft des Protagonisten hängt davon ab, ein bestimmtes Schaf zu finden. Auf dem Weg trifft er z.B. die Frau mit den schönsten Ohren der Welt. ^^
Hard-Boiled Wonderland und das Ende der Welt: eigentlich ziemlich untypisch für Murakami, da noch realitätsferner als seine anderen Bücher ohnehin schon. Die Handlungsstränge stehen in ziemlich starken Kontrast zueinander, was die Geschichte ein wenig träge daherkommen lassen kann. Überaus sympathische Dialoge, aber auch ziemlich abgehoben ab der zweiten Hälfte. Würde ich niemandem geben, der bisher noch nicht mit Murakami in Verbindung gekommen ist. Ist ein großartiges Buch für sich ich bevorzuge da aber doch eher den persönlich-intim-träumerischen Murakami.
Norwegian Wood / Naokos Lächeln: eine Geschichte über Liebe und Sexualität (taucht natürlich nicht nur hier auf), und die Unerreichbarkeit / den Verlust geliebter Personen. Ist eines der wenn nicht DAS Buch, von dem man in Japan am meisten hört, wenn man jdn. nach Murakami fragt. Rührend von vorne bis hinten.
South of the border, west of the sun / Gefährliche Geliebte: Es war zwar nicht mein erstes, aber ich würde es als ideales Einsteigerbuch in die Murakami-Lektüre empfehlen. Die Story und die Charaktere sind sehr zugänglich. Allerdings ist hier auch ziemlich wenig der für Murakami eigentlich sehr typischen Surrealität zu finden. Das entschädigt allerdings die wundervolle Liebesgeschichte.
Kafka am Strand: die Form erinnert and Hard-boild Wonderland, die Geschichte ist allerdings interessanter in meinen Augen. Auch bilden die beiden Handlungsstränge keinen so krassen Kontrast und stehen in gutem Verhältnis zueinander. Die Protagonisten (Jugendlicher + geistig Behinderter) sind relativ untypische Charaktere im Murakami-Universum. Würde ich auch nicht zwingend als Einstiegslektüre empfehlen, ist aber auf jeden Fall lesenwert wie jedes von seinen Büchern.
人生は一箱のマッチに似ている。重大に扱うのはばかばかしい。重大に扱わねば危険である。『芥川龍之介』
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 26.03.07 17:13 von Danieru.)
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