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Japaner und germanische Sprachen
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Firithfenion


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Beitrag #11
RE: Japaner und germanische Sprachen
Ja, dieses Essay von Mark Twain ist schon sehr witzig. Aus der Erinnerung an dieses Essay hatte ich ja auch mein Beispiel mit der Rübe:

Zitat: In German, a young lady has no sex, while a turnip has. Think what overwrought reverence that shows for the turnip, and what callous disrespect for the girl.

Die Frage wie schwer eine Sprache ist, hängt wohl immer davon ab, wie weit sie von der eigenen entfernt ist.

Das mit der Einführung von Leerzeichen wäre schon eine Erleichterung. Beispiel:
Eine Zeitlang hatte ich über folgenden Satz gegrübelt. Es geht um einen NHK Bericht über den Selbstmordflug des deutschen Copiloten gegen die Felswand vor einiger Zeit:

1人になった副操縦士は、飛行機の高さを低くし始めました。
frei übersetzt von mir: Der jetzt allein (im Cockpit) seiende Copilot, begann das Flugzeug abzusenken.

Ich grübelte was 低くし für eine Form wäre. Dann sah ich beim rüberstreifen mit Rikaichan zufällig das es auch ein Wort し始めました gibt, und nicht nur 始めました. Die Bedeutung ist wohl identisch, aber somit wäre es zu lesen: 低く し始めました anstatt 低くし 始めました. Mit Leerstellen wär das a prori klar gewesen.

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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 15.11.16 09:05 von Firithfenion.)
15.11.16 09:04
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vdrummer


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Beitrag #12
RE: Japaner und germanische Sprachen
(15.11.16 09:04)Firithfenion schrieb:  1人になった副操縦士は、飛行機の高さを低くし始めました。

Ich grübelte was 低くし für eine Form wäre. Dann sah ich beim rüberstreifen mit Rikaichan zufällig das es auch ein Wort し始めました gibt, und nicht nur 始めました. Die Bedeutung ist wohl identisch [...].

Das し kommt hier von する:
(高さを)低くする → 低くし (masu-Stamm) → 低くし始める
Wäre die Bedeutung die gleiche wie 始める, würde sich das 低く ja auf 始める und nicht auf する beziehen. Somit wäre die Bedeutung des Teilsatzes "niedrig anfangen" anstatt "anfangen zu verringern".

PS: Hier mal ein zufälliger Satz (naja, es sind doch 2 geworden) von NHK-News in Kana mit Leerzeichen, den ich mit mecab hab generieren lassen. Zugegeben, ich hätte weniger gesetzt, zum Beispiel bei ナッ テ, aber laut japanischer Schulgrammatik ist て eine Partikel, also warum nicht hoho

オオサカ ・ サカイ シ ノ オサナイ オトコノコ ノ ユクエ ガ ワカラ ナク ナッ テ イル ジケン デ 、 ショウガイ チシ ノ ウタガイ デ タイホ サ レ タ チチオヤ ノ キョウジュツ ニ モトヅイ テ 、 ケイサツ ガ オオサカ ・ チハヤアカサカ ムラ ノ ヤマ ノ ナカ ヲ ソウサク シ タ ケッカ 、 ヒト ノ イタイ ガ ミツカリ マシ タ 。 ケイサツ ハ 、 ユクエ ガ ワカラ ナク ナッ テ イル オトコノコ ノ カノウ セイ ガ アル ト ミ テ カクニン ヲ ススメ テ イ マス 。

Original:
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 15.11.16 09:47 von vdrummer.)
15.11.16 09:30
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Mayavulkan


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Beitrag #13
RE: Japaner und germanische Sprachen
(15.11.16 01:26)RedSunFX schrieb:  
(14.11.16 21:22)Mayavulkan schrieb:  Natürlich kommt man mit 26 Zeichen aus, die Leerzeichen zwischen den Worten sind auch gelegentlich hilfreich.
Um mal ein Prognose zu wagen: sobald die Japaner das Leerzeichen erfinden, werden sie ihre Kanji abschaffen. Ob dann Hiragana oder gleich Romaji übrig bleiben, ist dann egal. Eigentlich eine traurige Aussicht.

Meinst du? Eines der Hauptargumente für die Kanji, die ich in soll-man-Kanji-abschaffen-Debatten höre, ist die Fähigkeit durch sie (im schriftlichen) zwischen Homophonen unterscheiden zu können.
Das Japanische ist ja durch seine niedrige Anzahl an Lauten reich an gleichklingenden Wörtern.

Ist selbstverständlich reine Spekulation. Ein Text in reinem oder fast reinem Hiragana liest sich freilich sehr schlecht, jedenfalls deutlich schlechter als mit Kanji, bei denen die Worttrannung dann ja klar ist.
15.11.16 11:37
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Firithfenion


Beiträge: 1.727
Beitrag #14
RE: Japaner und germanische Sprachen
(15.11.16 09:30)vdrummer schrieb:  Das し kommt hier von する:
(高さを)低くする → 低くし (masu-Stamm) → 低くし始める

Ach so! Shi ist also eine Kurzform von Shimasu.

Dann gibt es ja auch noch ein anderes し das soviel wie "und" bedeutet und so ähnlich wie や verwendet wird. Recht schwierig das alles korrekt auseinanderzuhalten. Rikaichan hatte, wie ich schon anmerkte, das し dem folgenden Wort zugeordnet und als し始める gelesen.

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15.11.16 20:14
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torquato


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Beitrag #15
RE: Japaner und germanische Sprachen
(14.11.16 21:43)Firithfenion schrieb:  Dazu kommt noch dieses merkwürdige grammatikalische Geschlecht, das man sich zu jedem Substantiv merken muss und das oftmals alles andere als logisch ist. Grammatikalisch gesehen ist z.b. eine Kohlrübe (die Kohlrübe) weiblicher als ein hübsches junges Mädchen (das Mädchen) das ein grammatikalisches Neutrum, also angeblich geschlechtslos ist..

Eine kleine Anmerkung dazu.
Mädchen ist ein Diminutiv, vgl.:

Die Tochter -> das Töchterchen
Der Mond -> das Möndchen
Die Grube -> das Grübchen
Die Pfote -> das Pfötchen
Der Hans -> das Hänschen
usw.

Diminutive sind im Deutschen grundsätzlich sächlich, unabhängig vom Stammwort. Da muß man gar nicht das Geschlecht für jedes einzelne Wort lernen, sondern hat eine klare Regel ohne Außnahme. So einfach machen einem Sprache das selten.

Die 'Grundform' von Mädchen war übrigens ursprunglich Magd. Die Magd -> das Mägdchen -> das Mädchen.

Das B in Rassismus steht für Bildung.
16.11.16 05:28
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Firithfenion


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Beitrag #16
RE: Japaner und germanische Sprachen
(16.11.16 05:28)torquato schrieb:  Diminutive sind im Deutschen grundsätzlich sächlich, unabhängig vom Stammwort. Da muß man gar nicht das Geschlecht für jedes einzelne Wort lernen, sondern hat eine klare Regel ohne Außnahme. So einfach machen einem Sprache das selten.

Das Wort Mädchen mag zwar ursprünglich ein Diminutiv gewesen sein, heute wird es aber nicht mehr als Diminutiv verwendet sondert hat sich zu einem selbständigen Wort emanzipiert. Als deutscher Muttersprachler empfindet man das Wort Mädchen auch nicht als diminutiv, wenn in einer Schule von den Jungen und Mädchen einer Klasse gesprochen wird, dann haftet dem Wort nix diminutives mehr an.

Gewöhnung führt ja häufig dazu das einem unlogische und ungereimte Dinge als "normal" erscheinen. Weil: "Es ist eben so". Deshalb werden einem die Ungereimtheiten der eigenen Sprache oft gar nicht bewusst.

Dass das grammatikalische Geschlecht oft unlogisch ist, merkt man besonders wenn man eine Sprache wie z.b. Französisch lernt. Da ist das grammatikalische Geschlecht oft anders als im deutschen und die Franzosen haben vermutlich ebenfalls das Empfinden, das ihre Version die "natürlichere" wäre.

Es hat philosophisch betrachtet ohnehin etwas absurdes, das geschlechtslose Gegenstände unbedingt ein grammatikalisches Geschlecht haben müssen. Mein Computer hat keinen Pimmelmann und trotzdem ist er angeblich "männlich". Ich könnte ihn allerdings auch in der Tradition eines Konrad Zuse mit dem schönen deutschen Wort "Rechenmaschine" bezeichnen, dann ist er plötzlich weiblich. Die Tastatur die ich benutze, kann keine Kinder bekommen, aber trotzdem soll sie weiblich sein. Ich könnte allerdings auch das mittlerweile im Deutschen schon verwendete Wort Keyboard zu ihrer Bezeichnung verwenden, dann verliert sie schlagartig ihr Geschlecht und wird sächlich. Schon sehr bizarr das ganze.

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16.11.16 12:08
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vdrummer


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Beitrag #17
RE: Japaner und germanische Sprachen
Zum grammatikalischen Geschlecht hier mal ein interessantes Zitat aus "An Introduction to Language" (Fromkin et al):

Zitat:Some psychologists have suggested that speakers of gender-marking languages think about objects having a gender, much like people or animals have. In one study, speakers of German and Spanish were asked to describe various objects using English adjectives (the speakers were proficient in English). In general, they used more masculine adjectives - independently rated as such - to describe objects that are grammatically masculine in their language. For example, Spanish speakers described bridged (el puente) as big, dangerous, long, strong and sturdy. In German the word for bridge is feminine (die Brücke) and German speakers used more feminine adjectives such as beautiful, elegant, fragile, peaceful, pretty and slender.
Interestingly, it has been noted that English speakers, too, make consistent judgments about the gender of objects (ships are "she") even though English has no grammatical gender on common nouns. It may be, then, that regardless of the language spoken, humans have a tendency to anthropomorphize objects and this tendency is somehow enhanced if the language itself has grammatical gender.

Es gibt auch Studien, die zeigen, dass Muttersprachler des Englischen Wörtern einer Fantasiesprache, die ein "männliches" Geschlecht (= das gleiche grammatikalische Geschlecht, das auch Mann, Junge usw. zugeordnet wird) besitzen, eher "männliche" Attribute zuordnen (und das Selbe natürlich für Wörter "weiblichen" Geschlechts).
16.11.16 13:20
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torquato


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Beitrag #18
RE: Japaner und germanische Sprachen
(16.11.16 12:08)Firithfenion schrieb:  Dass das grammatikalische Geschlecht oft unlogisch ist, merkt man besonders wenn man eine Sprache wie z.b. Französisch lernt. Da ist das grammatikalische Geschlecht oft anders als im deutschen und die Franzosen haben vermutlich ebenfalls das Empfinden, das ihre Version die "natürlichere" wäre.

Ich hatte mal vor Urzeiten mit einer spanischen Freundin eine interessante Unterhaltung. Bei uns ist es der Mond und die Sonne. Sie hat protestiert. Natürlich muß es die Mond und der Sonne heißen. Die Deutschen sind doch einfach krank, die Geschlechter der Sterne und Monde so durcheinanderzukriegen... grins

Wer sich mehr für Sprache und Geschlecht interessiert, dem kann ich diesen Vortrag des 92c3* hier empfehlen:





NB: Die ersten paar Minuten sind nicht besonders überzeugende 'Eyecatcher', aber der weitere Verlauf lohnt sich auf jeden Fall. In dem Vortrag kommt übrigens auch unser Mädchen als besonderer Fall vor.

Edit: @vdrummer Das findet sich auch so in dem von mir verlinkten Vortrag.^^
Edit2: * Den 92c3 werde ich bestimmt nicht mehr erleben. Gemeint war natürlich der 29c3. zwinker

Das B in Rassismus steht für Bildung.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 16.11.16 13:46 von torquato.)
16.11.16 13:39
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Firithfenion


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Beitrag #19
RE: Japaner und germanische Sprachen
Um mal wieder auf die vorgeschlagene Einführung von Leerzeichen in der japanischen Schrift zurück zu kommen, prinzipiell wäre das schon eine gute Idee. Allerdings müsste man sich vorher einigen, wie die Wörter zu trennen sind. Wenn ich mir verschiedene Romaji-Kurse anschaue, oder Leerbücher in Romaji, dann sehe ich oft, das es da durchaus unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, was denn nun als Entität aufgefasst werden muss, und was als zusammengehörig angesehen wird. Die Japaner selbst machen sich da wahrscheinlich auch nicht so intensive Gedanken darüber, weil es bei ununterbrochener Schreibung ja egal ist ob man etwas als eigenständig auffasst oder nicht.

Beispielsweise habe ich in einem NHK Kurs die Schreibweise: hajime mashite gesehen, obwohl ich es persönlich als ein Wort auffassen würde, und oft wird es auch so geschrieben. Oder: Nanji desu ka. Ich persönlich würde vielleicht dazu tendieren es als zwei Wörter zu schreiben nan ji, aber wie gesagt darüber kann man streiten. Ebenso wird es mit den na-Adjektiven unterschiedlich gehandhabt. Manche Lehrbücher schreiben kirei na, andere wieder kireina.

Da müsste es einheitliche Regeln geben, bevor offiziell Leerzeichen verwendet werden und jeder trennt dann so wie er es persönlich für richtig hält. Das würde dann ebenfalls Verwirrung stiften.

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16.11.16 15:38
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Dorrit


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Beitrag #20
RE: Japaner und germanische Sprachen
Zitat: (...) Es machte mir viel Mühe, das grammatische Geschlecht eines deutschen Wortes zu lernen. Ich vergaß es sofort, als hätte es gar keine Beziehung zu dem Wort. Einem Muttersprachlichen komme das grammatische Geschlecht wie ein natürlicher Teil eines Wortes vor, stand in einem Sprachlehrbuch. Ich versuchte immer wieder herauszufinden, wie man sich diese Empfindung erwerben könnte.

Es gab einen Vergleich, an dem ich mich damals orientierte: Wenn ich zum Beispiel eine Menschengestalt sehe, nehme ich als erstes wahr, ob es eine Frau oder ein Mann ist. Auch bei dem Gedanken, diese Unterscheidung sei für mich vollkommen bedeutungslos, könnte ich keinen Menschen wahrnehmen, ohne sein Geschlecht wenigstens zu beachten. Ich sollte wahrscheinlich die Gegenstände genauso wahrnehmen - dachte ich mir damals -, sonst könnte ich mir niemals ihr grammatisches Geschlecht merken.

Wenn ich zum Beispiel einen Füller sah, versuchte ich, ihn wirklich als ein männliches Wesen zu spüren, und zwar nicht im Kopf, sondern mit meinem Gefühl. Ich nahm ihn in die Hand, starrte ihn lange an, während ich leise vor mich hin wiederholte: männlich, männlich, männlich. Der Zauberspruch brachte mir langsam einen neuen Blick. Das kleine Reich auf dem Schreibtisch wurde nach und nach sexualisiert: der Bleistift, der Kugelschreiber, der Füller - die männlichen Gestalten lagen männlich da und standen wieder männlich auf, wenn ich sie in die Hand nahm.

Es gab auch ein weibliches Wesen auf dem Schreibtisch: eine Schreibmaschine. (...)

Yoko Tawada, Von der Muttersprache zur Sprachmutter

Hier gibts den ganzen Text. Da stehen auch andere interessante Sachen drin, z.B. ihre Überlegungen zum Wörtchen "es".
(Komisch, über die Verlinkung kriege ich jetzt nur die ersten Zeilen angezeigt. Aber wenn man einen Teil des Textes in die Google-Suche gibt, erscheint die Seite (folio.nzz.ch/1994/oktober/von-der-muttersprache-zur-sprachmutter) auch, und dann kann man alles lesen).

→ Auf der nächsten Seite im ersten Beitrag gibt es einen Link von vdrummer zu besagter Seite, mit dem man dann direkt alles lesen kann. cool
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 16.11.16 16:19 von Dorrit.)
16.11.16 15:47
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Japaner und germanische Sprachen
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