RE: Hiroshima-Gedenktag
Jetzt doch noch was zum Thema. Es ist immer sehr heikel irgendetwas das den Tot von Menschen betrifft zu rechtfertigen. Kriege sind dabei zwar Ausnahmesituationen, aber keine Ausnahmen. Ich hatte vor dem Lesen des Threads keine ausgeprägte Meinung zu dem Thema und würde da auch jetzt noch keine klare Aussage zu treffen wollen/können. Der absoluten und pauschalen Ablehnung der Atombombe in genau der damaligen Situation wie sie denn dann auch immer gewesen sein mag steh ich aber kritisch gegenüber. Man sollte ALLE Möglichkeiten eingehend betrachten und das schließt den Einsatz der Bombe nunmal mit ein. So traurig die Folgen auch sein mögen, offensichtlich war es wohl eine der praktikablen Optionen um ein schnelles Ende des Krieges herbeizuführen. Ich denke dabei noch nicht dass das Umsetzen der Option gerechtfertigt war.
Zunächst würde mich aber erst einmal interessieren mit welchem Ziel hier diskutiert wird. Und dabei meine ich nicht, jenes den anderen von seiner Meinung zu überzeugen, sondern das bzgl. des Erkenntnisgewinns. Eigentlich geht es doch nur darum eine Aussage darüber zu treffen ob die Entscheidung der Amerikanischen Regierung anbetrachts der Umstände gerechtfertigt war oder nicht. Ob die USA also auch in der Situation mal wieder der böse Bube waren. Einige diskutieren hier, als ginge es darum Atombomben auch heute noch zu rechtfertigen, wenn sie eine Kampfsituation schneller beenden könnten. Ich denke die Diskussion um z.B. einen Abschuss einer Passagiermaschine die von Terroristen entführt wurde und ein Atomkraftwerk im Sturzflug ansteuert ist heikel genug. Ich denke es wird sich schwer ein Pro-Fraktion finden die mit ähnlichen Fällen (natürlich anderes Ausmaß) den Abwurf einer Atombombe rechtfertigen will. Heutzutage ist das sowohl politisch als auch angesichts der waffentechnischen Alternativen ohnehin nicht mehr zeitgemäß, also absolut hypothetisch, hoffentlich jedenfalls. Hier geht es nicht um die Diskussion des problematischen Gefahrenpotentials dass die real existierende Atomwaffen (in den "falschen Händen" = alle Hände die sie auch einsetzen wollen bzw. würden), die mehr politisches Instrument in Form einer Drohkulisse sind, als Waffen die tatsächlich für den Kampfeinsatz gedacht sind darstellen, nochmals: hoffentlich. Heisst auch wieder nicht, dass Atomwaffen als Drohkulisse ok sind, sie sind halt aber nunmal da (sowohl physisch, als auch als innovation). Also um zum Thema zurückzukommen, ich hoffe dass bei der Diskussion allen klar ist, dass es nur um die Betrachtung des geschichtlichen Ereignisses "Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki" geht, bzw. gehen sollte. Und hierbei muss nunmal der geschichtliche Kontext geprüft werden, sowohl sämtliche Alternativen, als auch der Informationsstand und das Weltbild der damaligen Zeit betrachtet werden. Falls ich diejenigen die sich in diese Richtung geäußert haben falsch verstanden habe tut es mir leid.
Zu den Argumenten. Es ist meiner Meinung nach nicht abzustreiten, dass es verschiedene Argumente gibt, die für den Abwurf der Atombombe sprechen. Natürlich gibt es auch viele die dagegen sprechen. Beide Seiten wurden hier ja schon von den entsprechenden Vertretern eingehend beleuchtet. Wie gesagt ich bin relativ unbelastet an das Thema rangegangen und bin auch jetzt weit davon entfernt mir eine gefestigte Meinung gebildet zu haben, aber rein von der Argumentation die ich bis jetzt gelesen habe, insbesondere bzgl. der Haltung der jap. Führung, sehe ich schon einige Gründe dafür die Entscheidung der USA damals zu verstehen. Dabei klingt für mich nicht sehr abwegig, dass dies auch aus Gründen geschehen ist, wie die Zahl der weiteren Kriegsopfer einzuschränken und zwar auf beiden Seiten. Jetzt mal aussen vor, dass durch die A-Bombe "Unschuldige" bzw. aus der Kriegsperspektive Wehrlose (Kinder etc.) getroffen wurden, ist es find ich keineswegs rasistisch oder faschistisch oder was auch immer wenn die Anzahl der eigenen Toten bei einer solchen Entscheidung stärker gewichtet wird als die auf der anderen Seite, nicht allein aus (innen-)politischen Gründen. Mal angenommen die amerikanische Bevölkerung wäre vollständig über die verschiedenen Alternativen zur Fortsetzung/Beendigung des Krieges informiert gewesen. Angesichts der Bombenalternative würde es da wohl, insbesondere auch wegen der schon zu betrauernden Verluste, ziemlich schwer sein den amerikanischen Bürgern klar zu machen, warum ihre Familienväter nun bei einer Invasion sterben bzw. dieser Gefahr ausgesetzt werden sollen. So viel Selbstlosigkeit kann in einem Krieg wohl kaum erwartet werden. Es gab sicherlich andere Alternative die zu irgendeinem Zeitpunkt zur Diskussion standen die mehr Opfer insbesondere auf japanischer Seite gefordert haetten, und wohl aus diesem Grund auch nicht zum Einsatz gekommen sind. Insbesondere die Landung der amerikanischen Truppen, hätte - auf den für mich logisch klingenden Argumenten und anscheinend belegten Fakten basierend wohl mehr Opfer auf japanischer Seite gefordert. Dennoch bleibt die Frage ob der Einsatz der A-Bombe so wie er damals stattgefunden hat als geringstes Übel(!) gerechtfertig war. Dagegen sprechen für mich insbesondere 2 Argumente. Zum einen die Langzeitwirkung der Bombe durch die Strahlung, die wenn auch nicht durch Beobachtungen in der Realität in ihrem vollen grausamen Ausmaß, sicher jedoch theoretisch bekannt waren. Hier macht es schon einen Unterschied mit welcher Art von Bombe man getötet wird. Vielleicht nicht, wenn man sofort stirbt. Dafür aber um so mehr wenn man die Qualen der Bombenopfer die durch die Strahlung in den Folgejahren gestorben sind betrachtet. Solch Folgeschäden und Behinderungen mögen auch gewöhnliche Bomben mit sich bringen(Verbrennungen, Bein ab etc.), aber bei der A-Bombe sind sie weitaus schlimmer und umfassender. Insbesondere weil, auch die Generationen die in der Zeit nach dem Abwurf in den entsprechenden Gebieten geboren wurden durch die Reststrahlung leiden mussten. Ein unschuldigeres Kriegsopfer gibt es wohl nicht, als ein solches, dass während der Kriegszeit noch nicht mal geboren war. Ähnliche Argumentation übrigens bei dem Verbot von Landminen/Antipersonenminen (Ottawa-Konvention). Ein Problem war hierbei wohl, auch wenn dies natürlich nicht zu einer Rechtfertigung genügt, dass sich die politischen Entscheider wohl nicht tatsächlich vorstellen konnten was da passieren wird. So etwas gab es halt noch nicht. Angesichts der horrenden Zahl an Kriegsopfern bis zu dem Zeitpunkt gibt es bzgl einer solchen Entscheidung wohl auch einen gewissen Abstumpfungseffekt. Dies ist nicht als Enschuldigung sondern im Gegenteil eher als Kritik zu sehen. Ex post betrachtet ist die Entscheidung die Bombe zu werfen aus oben genannten Gründen meiner Meinung nach falsch. Trotzdem bleibt die Frage in wiefern sich die Amerikaner der Folgen bewusst waren, und inwiefern es Ihnen aus Mangel an praktikablen Alternativen ex ante als bestmögliche (umfasst so paradox es klingen mag menschenlebendschonenste) Lösung vorkam. Man fragt sich schon, ob die USA ihre überlegene Macht angesichts des bereits extrem geschwächten japanischen Militärs nicht auch auf anderem Wege unter Beweis hätte stellen können. Hier ist die Argumentation hinsichtlich des beginnenden Kalten Krieges wohl schon relevant. Es war nun mal eine Chance die volle Zerstörungskraft der neuen Wunderwaffe wirkungsvoll zu präsentieren. Den 2ten Punkt der mich auch näher interessieren würde, hat Hellwalker kurz angesprochen. Es hätte ja prinzipiell auch die Möglichkeit die Wirkung der Bombe über unbewohntem bzw. unbewohnterem Gebiet (ein komplett menschenleeres Fleckchen war in Japan wohl damals auch schon nicht zu finden) zu demonstrieren gegeben, und so die Zahl der Opfer stark zu senken. Jetzt würden mich interessieren was ob die Geschichtsbücherwälzer hier dazu irgendwelche Quellen haben. Gab es solche Überlegungen (ich meine fast schon einmal was diesbzgl gehört zu haben), und wenn ja warum wurden Sie verworfen?
So ich hoffe ich habe nichts banal falsches geschrieben, was ohnehin auch schon erwähnt wurde. Bin gespannt auf Meinungen.
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