(06.04.18 16:15)Yano schrieb: Der naive Nominalismus ist im Volk weit verbreitet. Seiner Ansicht nach gibt es eine gewisse (zugegebenermaßen große) Anzahl von Wortbedeutungen in der Welt, von denen jede einem Wort zugeordnet ist, in jeder Sprache. Darum haben alle Sprachen die gleiche Anzahl Wörter, und für jedes Wort gibt es in jeder Sprache eines mit genau gleicher Bedeutung.
Eine Übersetzung kann daher nicht besser, schlechter oder sonstwas sein, sondern nur richtig oder falsch. Wie der Briefträger, der nur jeden Brief in den richtigen Briefkasten werfen soll, braucht der Übersetzer lediglich für jedes Wort der einen Sprache das richtige der anderen hinzuschreiben.
Hallo Yano
Ja, das habe ich auch oft erlebt. Leute die keine Fremdsprachenkenntnisse haben, haben oft sehr naive Vorstellungen was Fremdsprachen und auch was das Erlernen derselben angeht. Manche glauben man könne eine Fremdsprache wie Schwimmen oder Fahrradfahren erlernen. Man nimmt sich etwas Zeit, macht ein paar Wochen oder maximal ein paar Monate lang einen Kurs mit und dann "kann" man die Sprache und verlernt sie auch nie wieder. So scheinen sich das einige vorzustellen.
In der DDR lernten wir in der Schule Russisch als Pflichtfach und Englisch konnte man freiwillig als Zweitsprache lernen (Manche Schulen boten statt Englisch Französisch als Zweitsprache an). Der freiwillige Englischunterricht fand dann in einer zusätzlichen Stunde nach Schulschluss, oder eine Stunde vor Schulbeginn (in der sogenannten "nullten Stunde") statt.
Weil ich am freiwilligen Englischunterricht teilnahm, wurden mir dann gelegentlich von Mitschülern Fragen zu englischen Popmusiktiteln oder Bandnamen gestellt. "Sag mal, du machst doch Englisch, was heisst denn eigentlich [Bandname] auf Deutsch?" Sie erwarteten dann offenbar, das man ihnen wie aus der Pistole geschossen eine Antwort auf ihre Frage geben können müsste. In den allermeisten Fällen musste ich jedoch passen und dann zogen sie enttäuscht ab und murmelten Sachen wie: "Siehste, der kann ja gar kein richtiges Englisch, da sieht man doch das dieser ganze Quatsch nichts bringt". Ich fand das damals extrem frustrierend. Nichtsdestotrotz machte ich weiter und nach der Wende konnte ich dann zum ersten Mal "vor Ort" meine Englischkenntnisse überprüfen als ich eine Busreise nach London machte und zu meiner Freude feststellte, das meine Englischkenntnisse verhältnismässig passabel waren und ich von Muttersprachlern problemlos verstanden wurde und auch ihre Antworten größtenteils verstehen konnte.
Heute weiss ich, das meine Unfähigkeit, englische Bandnamen (sieht man mal von banalen Sachen wie "Rolling Stones" oder "The Sweet" ab) zu übersetzen nicht an meinen schlechten Englischkenntnissen lag, sondern daran, das viele Bands versuchen sich aus der grauen Masse abzuheben indem sie eben keine "normalen" Begriffe wählen, sondern versuchen sich mit möglichst skurrilen und originellen Wortschöpfungen eine Art "Markenzeichen" zu erschaffen, das oftmals selbst von Muttersprachlern nicht ohne Erklärung verstanden wird.
Ich las z.b. neulich bei Wikipedia, das "Wishbone Ash" dadurch entstand, das ein Gruppenmitglied die anderen aufforderte, zwei Stapel mit Zetteln anzufertigen, auf denen sie spontan Wörter schreiben sollten die ihnen einfielen. Aus beiden Stapeln suchte er sich dann jeweils ein Wort heraus, das ihm gefiel: "Wishbone" und "Ash".
"Uriah Heep" eine Band die damals sehr beliebt war, hat ihre Band nach einer Romangestalt von Charles Dickens benannt usw.