Beitrag #1
Übersetzung von Muro Kyūsō's Akō gijin roku
Vorwort zum “Akō gijin roku”
Es ist Herbst und der Regen weicht einem klaren Himmel. Vor der Tür ist das Klackern von Schuhen hörbar. Als ich hinaustrete um [meine Besucher] willkommen zu heissen, sehe ich, dass es sich um Oku Shifuku, Tani Benzen und Ishi Shinmi handelt. Ich hole meinen Bericht über die prinzipientreuen Männer hervor und wir lesen gemeinsam. Nachdem wir die Lesung beendet haben, unter Tränen, klagen wir darüber, dass die Loyalen und die Guten nicht belohnt werden und trauern darüber, dass der Weg des Himmels nicht nachvollziehbar ist. „Ach, [mit seinem Ausspruch]: ‚Vernunft und Pflichtgefühl erfreuen des Menschen Herz.‘ gaukelte Mōshi (Menzius) uns nichts vor.“ jammern wir.
Shinmi sprach: „[In Bezug auf] die Krieger von Akō urteilte die Regierung im Einklang mit dem Gesetz. Der Meister Muro verkündete daraufhin ihre Geschichte und lobte ihr Tun. Darüberhinaus bezeichnete er sie als pflichtbewusste Männer. Seine Absichten sind edel. Aber erfüllt das nicht den Tatbestand des Äusserns von Privatmeinungen die staatlichen Rechts- entscheidungen widersprechen?“
Benzen sprach: „Nein! Im Altertum, die beiden Söhne aus Kochiku verweigerten sich König Bu’s Angriff auf Chū. Sie stellten sich vor die Pferde und trotzten der Armee mit ihren Leibern. In unserer Zeit die Krieger von Akō weigerten sich Yoshinaka’s Freispruch durch die Regierung anzuerkennen. [Stattdessen] erklärten sie ihn zu ihrem gemeinsamem Feind und erschlugen ihn in der Hauptstadt. Die beiden Söhne [Kochiku’s] strebten nach Würde und erlangten Würde. Die Krieger [von Akō] gaben ihr Leben für ihre Ehre. Obwohl sich die Fälle im Ausmass unterscheiden, haben sie doch gemein, dass beide dem Rechtsverhältnis zwischen Herrscher und Untertan zentralen Stellenwert beimessen. Daher gilt: die Tatsache, dass der Shishōhō damals die beiden Söhne als prinzipientreue Männer bezeichnete, unterstrich nach ihrem Tod nur die Erhabenheit des König Bu. Es war nie zu seinem Schaden! Die Tatsache, dass Meister Muro heute die Krieger als pfichtbewusste Männer bezeichnet, unterstreicht nach ihrem Tod nur die Grossartigkeit unserer Nation. Wo liegt dein Problem? Die Tat der beiden Söhne wird nicht als Widerstand gegen König Bu angesehen. Soll etwa allein die Tat der Krieger [von Akō] als Widerstand gegen die Regierung ausgelegt werden?“
Shifuku sprach: „Da stimme ich zu. Aber der Shōhō 尚父 brauchte nur ein Wort an seine Truppen zu richten und vermochte so die beiden Söhne vor den Waffen der Leibwache [König Bu’s] zu bewahren. Der Meister Muro erzählt nur eine harmlose Geschichte in seinen vier Wänden. Es war ihm nicht möglich die Krieger vor der Entscheidung der Rechtsbehörden zu bewahren. Es war wohl Schicksal!“
Nach einem langen Stöhner ziehen sich die drei zurück. Schliesslich notiere ich ihre Standpunkte zur Veranschaulichung und Information beim Lesen des vorliegenden Berichtes.
Japan, der achte Tag des zehnten Monats im sechzehnten Jahr Genroku (16.11.1703). Von Kyūsō, Muro Tadakiyo, mit grösster Sorgfalt, handschriftlich verfasst.
Akō gijin roku Teil 1
Das vierzehnte Jahr der Genroku- Ära, ein Shinshi- Jahr. Am elften Tag des dritten Monats kamen die kaiserlichen Gesandten Yanagihara Dainagon Sukekado und Takano Chūnagon Yasuharu mit ihrem Auftrag in die Hauptstadt des Ostens. In ihrer Begleitung befand sich der Gesandte des Jōkō, Seikanji Chūnagon Hirosada. Gemeinsam erreichten sie das Hauptbüro des Ostteils des Schlosses (man nennt es Densō- yashiki). Bereits zuvor hatte der Shōgun Aufträge erteilt an Takuminokami Asano Naganori ([Fürst des] in Harima- Akō gelegenen Provinzschlosses) und Sakyōnosuke Date Muneharu ([Fürst des] in Iyo- Yoshida gelegenen Provinzschlosses). Sie hatten sich die Verantwortung für den Empfang [der Gäste] zu teilen (Naganori‘s Zuständigkeit lag im Empfang der kaiserlichen Gesandten, Muneharu’s im Empfang der Gesandten des Jōkō). Kōzukenosuke Kira Yoshinaka, Kinkōji Ōtomo soundso und andere, waren alle durch ihre Position als Kōke beteiligt (als Nachfahren einiger namhafter Familie die ihre Ländereien verloren hatten und lange Zeit ohne Beschäftigung waren, gehoerten sie zun alehrwuerdigen Adel. Die Regierung zeigte Respekt fuer ihre Aemter und beschaeftigte sie unabhaengig von den ueblichen Protokollzwaengen. Man nennt sie Kōke). Naganori selbst hatte von einem Zahnlosen über antike Rituale nichts zu lernen und lehnte deshalb beim Kakurō strikt ab. Er wurde nicht erhört. Der Kakurō sagte: „Yashū verfügt über langjährige Erfahrung und ist äusserst versiert in Fragen der Etikette. Du solltest dich lieber damit befassen und hinterher deinen Auftrag ausführen. Das ist doch nicht schwer. Was gibt es für einen Grund abzulehnen? Yoshinaka geniesst hohes Ansehen in der Verwaltung. Er befindet sich an der Spitze der zahlreichen Kōke. Wann immer eine Botschaft aus Kyōtō anwesend ist, es gab noch keine Gelegenheit, bei der er während dieses Zeitraumes nicht in Stellung gewesen wäre. Deswegen ist er stolz auf seine Fähigkeiten und benimmt sich herablassend gegenüber anderen. Diejenigen, die in der Vergangenheit mit ihm in dieser Funktion zu tun, liessen ihm daher, wenn sie seine Ratschläge zu schätzen wussten, ein saftiges Trinkgeld zukommen um ihn wohlzustimmen.“ Naganori war streng gegenüber anderen und buckelte nicht. Er dachte, er hätte genauso wie Yoshinaka [nur] einen öffentlichen Auftrag auszuführen und sah keinen Grund sich einzuschleimen. Das obligatorische Darbringen von Geschenken hatte ihm bis jetzt noch nie Freude bereitet. Aus diesem Grund gab es extreme Spannungen zwischen den Beiden. Eines Tages sagte Naganori zu Yoshinaka: „Die Regierung hält mich nicht für unwürdig und veranlasst mich eine Empfangszeremonie durchzuführen. Ich bitte dich mir etwas beizubringen.“ Yoshinaka antwortete: „Selbst ich verstehe doch nichts von Zeremonie. [Ausserdem] ist es schwierig nach jemand anderem zu sehen, während man sich auf eine Sache konzentriert. Du solltest dich lieber um dich selber kümmern.“ Naganori holte sich wieder die Meinung vom Kakurō und übermittelte diese. Yoshinaka antwortete: „Auch wenn es so ist, deine Angelegenheiten gehen mich nichts an.“ Naganori nahm ihm das zutiefst übel.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 17.11.11 12:20 von shekarashika.)
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