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Japanische Gedankengänge.
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zongoku
Inaktiv

Beiträge: 2.973
Beitrag #1
Japanische Gedankengänge.
Manch einer wird nun sagen, dass ich das alles doch schon lange wissen muesste. Aber weit gefehlt. Manche koennen es sofort, andere brauchen Ewigkeiten um hinter das Geheimnis zu kommen. Womoeglich bin ich einer davon. Hat wohl auch mit dem Fortgeschrittenen Alter zu tun. Oder mit der Nichtjapanischen Denkweise.

Zur Zeit arbeite ich intensiver mit Japanisch.
Ich habe derzeit einen Lehrer. und eine Person mit der ich ueber Skype kommuniziere. Dem Lehrer sei Dank gesagt, denn er bemueht sich so sehr, einige Zeit fuer mich zu finden.

Bei den Aufsaetzen die ich bisher gemacht habe ist mir aufgefallen, dass ich wohl die Woerter weiss. (Die Partikel wie eben alle Auslaender immer noch falsch setze). Aber mir ist aufgefallen, dass die Satzzusammenstellung ganz kraeftig hinkt.

Jetzt frag ich mich, ob ich, bzw. wir Auslaender, da etwas nicht verstanden haben?

Ich frag mich, wie Japaner ueberhaupt denken?
Dass sie nach Matrizzen, ihre Saetze bilden, ist schon lange gewusst.
Bei Uebersetzungen mach ich es mir echt schwer.

Wie bringen sie es fertig, auf das erste Wort, das sie aussprechen, nach einem laengeren Satz das richtige Verb einzusetzen?
Diese Saetze koennen oft sehr lang sein.

Irgendwie sieht es aus, als wuerde der Satz nach Begriffen der Groesse aufgeteilt. So wie es diese russischen Puppenschachteln gibt, die ineinander gestellt sind.

Das ist vielleicht etwas abstrakt, aber mir kommt das so vor.
Und wenn es sich so bewahrheiten wuerde, kaeme ich diesem Verstaendnis einen Schritt weiter.

Wer von euch hat aehnliche Erfahrungen damit gemacht?

Es hat auch keinen Zweck einfach nur so drauf los, zu lernen. Ich finde dass eine einfache Erklaerung, verborgene Tueren und Tore oeffnen kann, wo man ansonsten Jahre dazu benoetigt, bis man dahinter kommt.

Und wenn man diese Denkweise versteht, wird es wohl jedem viel leichter fallen, die Sprache zu erlernen.

Na was meint ihr dazu?
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07.12.08 11:54 von zongoku.)
07.12.08 11:51
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fuyutenshi


Beiträge: 887
Beitrag #2
RE: Japanische Gedankengänge.
(07.12.08 11:51)zongoku schrieb:Ich frag mich, wie Japaner ueberhaupt denken?

Auch nicht viel anders als Deutsche.

Zitat:Dass sie nach Matrizzen, ihre Saetze bilden, ist schon lange gewusst.
Bei Uebersetzungen mach ich es mir echt schwer.

Wie bringen sie es fertig, auf das erste Wort, das sie aussprechen, nach einem laengeren Satz das richtige Verb einzusetzen?
Diese Saetze koennen oft sehr lang sein.

Irgendwie sieht es aus, als wuerde der Satz nach Begriffen der Groesse aufgeteilt. So wie es diese russischen Puppenschachteln gibt, die ineinander gestellt sind.

Nein. Die Verschachtelung der Saetze ist nicht viel anders als im Deutschen.
Es ist nur gerade in langen Saetzen quasi andersherum:

Er sagt, dass er nach Berlin faehrt, um das Brandenburger Tor zu sehen.
Brandenburger Tor wo miru tame ni, Berlin ni iku to kare ha iimashita.

Das ist nur die andere Satzstruktur, nicht das Denken, auch nicht "Gross und Klein" oder so etwas.
Das ist reine Routine. Wenn du das oft genug sprichst und schreibst wird das normal. Dann benutzt du das automatisch.

Wenn du jetzt anfaengst die Sprache zu benutzen solltest du nicht soviel ueber Sinn und Zweck des Satzbaus gruebeln sondern einfach benutzen. Beim Sprechen kannst du nicht denken und ueber Regeln sinnieren. Das musst du automatisch machen.

今や太陽はその光を覆い隠し、
世界は心地好い夜に身を委ねる。
柔らかな寝床へ、私も身を横たえる。
だが、私の魂はどこに、どこに休ませたら良いのか?
08.12.08 01:49
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co


Beiträge: 82
Beitrag #3
RE: Japanische Gedankengänge.
(07.12.08 19:51)zongoku schrieb:Dass sie nach Matrizzen, ihre Saetze bilden, ist schon lange gewusst.
Eine Matrix-Theorie zum japanischen Satzaufbau? Könntest du das etwas näher ausführen? Mit linearer Algebra tue ich mir deutlich leichter als mit Japanisch grins .
08.12.08 04:45
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zongoku
Inaktiv

Beiträge: 2.973
Beitrag #4
RE: Japanische Gedankengänge.
Wie kann man eine Sprache lernen?
Im den Europaeischen Sprachen gibt es so viele Flexionen, Redewendungen etc, dass man diese Methode wohl schlecht hier verwenden kann.
Siehe hier. showthread.php?tid=5909
08.12.08 09:39
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Shino
Ex-Moderator

Beiträge: 2.329
Beitrag #5
RE: Japanische Gedankengänge.
Hm, das könnte eine interessante Diskussion werden. Ich sehe es wie Fuyutenshi. Das ist natürlich nur meine Meinung, aber ich finde auch, dass da ist nix anders ist. Wenn ich mich beobachte, verhält es sich doch so: Ich habe die "Idee" dessen, was ich sagen möchte, schon längst im Kopf, bevor ich es sage oder "richtig" denke.

Das ist etwas schwierig zu erklären, ist aber überhaupt nicht esoterisch gemeint. Bevor ich überhaupt Worte im Kopf habe, weiß ich schon, was ich ausdrücken möchte.

Nehmen wir mal ein Grundbedürfnis wie Hunger bzw. den Wunsch, etwas essen zu wollen. Das Gefühl Hunger oder der Geruch von Kartoffeln in der Nase bringt einen z. B. dazu, sich auf dem Tisch nach den Kartoffeln umzusehen und er weiß jetzt schon, dass er sie (alle Voraussetzungen wie "Ich mag Kartoffeln" und "Ich habe noch Hunger." und "Diese Kartoffeln riechen gut." einmal positiv vorausgesetzt) haben möchte und ein Blick verrät ihm z. B., ob er sie sich selbst nehmen kann, oder nicht. Wenn nicht, dann weißt er auch dies schon bevor er überhaupt ein Wort geschweige denn einen Satz in seinem Kopf formuliert hat. Das sind alles Prozesse und Entscheidungen, die in Bruchteilen von Sekunden getroffen werden, ohne dass man darüber in der Art nachdenkt, wie z. B. <zu sich selbst>: "Mann, habe ich Hunger! Ah, die Kartoffeln sehen aber gut aus und riechen so gut...hmmm, ob ich mir wohl ein paar nehme? Ich glaube, sie sind zu weit, ich muss wohl jemanden fragen...oder nehme ich sie mir selbst? Ach, es wird einfacher sein, wenn ich meinen Tischnachbar bitte, mir die Kartoffeln zu reichen - außerdem ist er mir so sympathisch..." <Zum Tischnachbar>: "Könntest du mir bitte netterweise die Kartoffeln reichen?" "Danke." So liest man es vielleicht in einem Roman, aber so ist es nicht wirklich.

Auf jeden Fall, wenn man das dann ausdrücken möchte, verwendet man halt die Mittel, die einem dazu mitgegeben worden sind. In unserem Fall ist es halt so rum, für einen Japaner eben anders herum und für einen Afrikaner vielleicht noch mal anders.

Die Schwierigkeit beim Erlernen einer anderen Sprache entsteht unter Anderem dadurch, dass man die Strukturen und Muster der eigenen Sprache verinnerlicht hat und sich nur schwer in jene der anderen andere hineinversetzen kann, wenn man zu sehr an den verinnerlichten Strukturen festhält. Da hilft nur loslassen und trainieren. Übrigens ist das auch ein Grund, weswegen ältere Menschen damit oft mehr Schwierigkeiten haben (wenn auch nicht immer) - es sei denn, sie haben ihr Leben lang eh schon trainiert, verinnerlichte Strukturen loszulassen - während jüngere Menschen oft noch nicht so "eingefahren" und offener gegenüber Neuem und neuen Strukturen sind.

Wie Fuyutenshi schon gesagt hat: Man muss die Sprache einfach benutzen, muss sie immer wieder hören und sprechen (und nebenbei auch ein wenig lernen) und mit der Zeit kommen die Sätze dann automatisch richtig(er) heraus.

Wir hatten ein ähnliches Thema auch schon mal im Forum: Ich denke, in dem von mir oft zitierten Thread von Nora über die Lernmethoden der Qinghua Universität wird aufgezeigt, dass es so funktioniert.

Übrigens, um dem gleich vorweg zu greifen: Es gibt natürlich auch andere sprachliche Prozesse, bei denen das anders funktioniert (z. B. Romane, Gedichte, Aufsätze verfassen, denke ich), aber um die geht es hier nicht.

EDIT: Hehe, interessant, dass Zongoku und ich denselben Artikel für unterschiedliche Argumentationen heranziehen zwinker

Also gehe ich mal darauf ein:
Weshalb sollte diese Methode in dem Qinghua-Thread nicht auch für europäische Sprachen funktionieren? Wer sagt denn, dass es z. B. im Japanischen weniger Flexionen und Idiome gibt? Außerdem gibt es vielleicht in der Japanischen Sprache eben ganz andere Schwierigkeiten für Europäer... Jede Sprache hat einfach ihre Eigenheiten, die erlernt werden wollen. Im Übrigen: Ist Deutsch keine europäische Sprache? (Nora erwähnt ja gerade, dass sie auch beeindruckt war, wie gut die Studenten dort nach kurzer Zeit Deutsch sprachen.)

Ich denke, zwischen den beiden Ansätzen "Qinghua" und "Man-muss-in-einem-Land-leben-um-die-Sprache-richtig-lernen-zu-können" sind nur marginale Unterschiede, finde ich. Möglicherweise - wahrscheinlich - ist die Methode an der chinesischen Uni aufgrund des Konzeptes sogar effektiver, weil intensiver.

人生に迷うときもあるけど笑っていれば大丈夫
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 08.12.08 19:21 von Shino.)
08.12.08 19:00
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Lori


Beiträge: 533
Beitrag #6
RE: Japanische Gedankengänge.
Interessantes Thema.

Ich denke, Japanisch funktioniert auf einer grundsaetzlichen, kommunikativen Ebene nicht anders als Deutsch, oder wohl jede andere Sprache auch.
Ob ich in Japanisch oder in Deutsch sage: "Ich habe Hunger", "Es regnet", "Zu teuer!" es gibt wirklich keinen Unterschied. Natuerlich sind die Sprachen anders strukturiert, aber im Prinzip geht es darum, eine Idee von einem Individuum zu einem anderen zu transportieren und das geht in beiden (allen!) Sprachen.

Allerdings, und das ist in unserem Fall die Krux: Sprachen haben oft verschiedene Muster oder meinetwegen auch "Ideen", die z.T. divergieren. Nehmen wir ein Beispiel aus dem Englischen, dass dem Deutschen vermeintlich so aehnlich ist.

Das deutsche Wort Gluehbirne heisst im Englischen "lightbulb", wie einige vielleicht wissen. Wenn wir uns die einzelnen Teile anschauen, ist "glueh" = "light", das heisst, hier wird dasselbe Phaenomen aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet: Im Deutschen steht der Vorgang des Gluehens im Vordergrund, im Englischen das Ergebnis des "light".
Der zweite Teil des Wortes ist sogar noch interessanter: Deutsche Muttersprachler sagen "Birne" und englische Muttersprachler sagen "bulb". "bulb" bedeutet aber eben nicht "Birne" sondern (Blumen)Zwiebel, d.h. hier werden zwei verschiedene Fruechte als Muster fuer die runde Form der Gluehbirne genommen.
Dieses Phaenomen laesst sich in allen Sprachen beobachten. Sprachen sind arbitraer (willkuerlich), d.h. ich kann zur Gluehbirne auch Lichtzwiebel sagen oder noch deutlicher: Ich kann einen Apfel auch "fresd" nennen. Es ist wirklich ziemlich egal, was ich sage, solange die anderen Sprecher meiner Sprache mich verstehen. Damit sind wir dann bei der Idee von "Sprache als Vertrag zwischen ihren Sprechern". (Bei Bedarf "Ferdinand des Saussure" und "Roman Jakobson" nachgoogeln)

Aber kehren wir zu unserem speziellen Fall zurueck: Japanisch ist anders als Englisch dem Deutschen ueberhaupt nicht aehnlich. Grammatik, Vokabeln, Schriftzeichen, Satzbau, es gibt einfach nichts, was in beiden Sprachen gleich ist. Tatsaechlich sind die Ueberschneidungen beider Sprachen auf ein paar Lehnwoerter beschraenkt.
Trotzdem ist es natuerlich so, dass in beiden Sprachen Menschen das Beduerfnis haben, aehnliche Sachverhalte auszudruecken. Das ist auch die Grundlage dafuer die jeweils andere Sprache lernen zu koennen. Wie oben schon beschrieben muss es in beiden Sprachen Woerter fuer "warm", "kalt", "Hunger", "Regen" usw. geben, da diese sich aus den Lebensumstaenden der gesamten Menschheit konstituieren.
Auf dieser gundsaetzlichen Ebene setzt dann aber die arbitraere Ebene auf (kalt oder UIHK) und dann noch einmal die verschiedenen "Muster"Wahrnehmungen.
Auch im Japanischen gibt es das Wort "kalt", aber nicht nur einmal, sondern zweimal: "tsumetai" fuer kalte Gegenstaende, Fluessigkeiten usw., "samui" fuer kaltes Wetter, Luft, Umgebung. Eine Unterscheidung, die im Deutschen schlicht nicht gemacht wird. Andersherum: Deutsche unterscheiden "Blau" und "Gruen", Japaner sagen zu beidem "aoi" und zu Pflanzen "midori".

Diese beiden Beispiele zeigen, glaube ich, recht eindruecklich, wie willkuerlich Sprache auf der Ebene der "Muster" funktioniert.
Man koennte doch meinen, dass der Unterschied zwischen "Blau" und "Gruen" ganz selbstverstaendlich ist, oder nicht? Es gibt bei diesen beiden Beispielen keinen (mir bekannten) geschichtlichen oder kulturellen Grund, hier sind einfach nur die Wahrnehmungen verschieden - und arbitraer.

Doch es gibt noch eine weitere Ebene. Ich fange wieder mit Beispielen an:

Im Japanischen gibt es die Worte "Mizu" und "(O-)Yu" fuer kaltes und heisses Wasser. Deutschsprecher sehen keine Notwendigkeit fuer diese Trennung. Nun muss man wissen, dass Japan ein geologisch sehr aktives Land ist mit mehreren tausend Vulkanen, die tausende von heissen Quellen speisen. Fuer Japaner sind diese heissen Quellen nicht nur Teil ihres Lebens sondern tatsaechlich ein Teil ihrer Identitaet. Fuer etwas so Wichtiges muss es natuerlich auch ein Wort geben und siehe da: "O-Yu" bezeichnet nicht nur heisses Wasser, sondern wird auch mit heissen Quellen assoziiert.

Zweites Beispiel: Im Japanischen gibt es das Wort "pan" fuer Brot (eigentlich auch schon ein Lehnwort). Im Deutschen gibt es neben dem Wort Brot auch noch das "Broetchen" (und dutzende regionale Varianten), ein Wort das keine direkte Entsprechung im Japanischen hat. Fuer Japaner, die jahrtausendelang Reis anstelle von Brot und Kartoffeln aßen, war das ja auch nicht notwendig.

Bei diesen beiden Beispielen sehen wir, wie verschiedene Lebensumstaende die Sprache praegen. Auch hier ist Sprache arbitraer (warum "pan" und nicht z.B. "buroto"?).

Schliesslich gibt es noch das Phaenomen der unterschiedlichen Denkmuster, der tatsaechlich geschichtlich und sozial bedingten, "kulturellen" Sprachphaenomene.

Ein paar Beispiele:

Im Japanischen gibt es ein kleines Universum von Hoflichkeitsformen und Regeln der zwischenmenschlichen Kommunikation ("Kultur"), die es im Deutschen schlicht und einfach nicht gibt.
Als Beispiel bieten sich die Personalpronomen an:
Im Japanischen gibt es fuer "ich" die Woerter "ore", "boku", "watashi", "watakushi", "atashi", "atakushi", die den relativen Stand des Sprechers sowie seine soziale Position und sein Geschlecht preisgeben. "Ore" und "boku" sind zum Beispiel dezidiert "maennlich", waehrend "atashi" und "ataskushi" weiblich (und "jung") sind. "watashi" und "watakushi" sind geschlechtsneutral und hoeflich. "Ore" ist "rauh", unhoeflich. Und "atashi", "watakushi" sind - weil Frauensprache - sehr hoeflich.
Schon allein an dem Fehlen einer "unhoeflichen" Frauensprachenform fuer "ich", bzw. einer "hoeflichen" Maennersprachenform fuer "ich", laesst sich erkennen, dass Frauen im modernen Japan einen niedrigeren Stand haben als Maenner. Ausserdem sieht man auch, dass der "Stand" des Sprechers im Verhaeltnis zu seinem Gegenueber in Japan sehr viel wichtiger ist als in Deutschland (Betrachtet wird die Gegenwart).

Andersherum gibt es im Deutschen z.B. eine ganze Reihe von Erscheinungen, die es (nicht nur) im Japanischen nicht gibt: Sei es christlich-beeinflusste Sprache wie "Oh, Gott!", "Um Gottes Willen", "sich bekreuzigen", "fuer etwas bueßen" (usw.) oder auch die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Vergangenheits- und Zukunftszeiten im Deutschen. Die Gruende dafuer liegen ganz offensichtlich in der Geschichte Deutschlands als christlich dominiertes Land, bzw. seiner Abstammung von (unter anderem) romanischen Sprachen.

Sprecher beider Sprachen werden beim Lernen beider Sprachen ab und zu nicht umhin koennen zu denken "also das braucht man nun wirklich nicht" bzw. "wieso hat meine eigene Sprache nicht so etwas Geniales?".

Aber um auf den ersten Beitrag zurueck zu kommen: Es gibt erst einmal keine allgemeine "Japanische Denkweise". Das, was du derzeit dafuer haelst, ist wahrscheinlich nur die - oeberflaechliche - Struktur der Grammatik und des Satzbaus. Aber diese konstituiert eben keine Denkweise, sondern sie ist nur eine andere Art etwas auszudruecken. Da diese Art und Weise fuer dich schwer zu verstehen ist, verwechselst du sie mit einer anderen Art zu denken.
Es gibt aber tatsaechlich einige Denkweisen, die sich unterscheiden, einige kann man im Ausland lernen (siehe meine obigen Beispiele), einige versteht man erst, wenn man lange im Land selbst lebt ("空気を読む”、”気を配る”、”義理”、”常識”, "まじめ”, ”あまえ” uvm. kann man eins zu eins nicht vollstaendig uebersetzen und versteht sie in ihrer ganzen Tragweite und Vielfalt erst im laengeren Umgang mit Japanern).

Edit: Sorry fuer den langen Text zwinker

http://japanbeobachtungen.wordpress.com

(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.12.08 03:00 von Lori.)
09.12.08 02:59
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Hellwalker


Beiträge: 492
Beitrag #7
RE: Japanische Gedankengänge.
Im Hintergrund zu Loris Beitrag ist auch die Sapir-Whorf-These ganz interessant.

ed.

習うより慣れろ
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.12.08 21:35 von Hellwalker.)
09.12.08 21:34
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zongoku
Inaktiv

Beiträge: 2.973
Beitrag #8
RE: Japanische Gedankengänge.
Ich finde eure Ausfuehrungen sehr interessant.
Komische Sache? Da wurde mir per KN mitgeteilt, dass womoeglich niemand mir auf meine Frage eine Antwort geben werde.
Und nun entwickelt sich das Ganze schon so weit.

Nun mir ist aufgefallen..... Und das schon eine ganze Zeit, dass Japaner immer den einfachen Weg gehen,
Dies mal fuer jene die Deutsch lernen.
Sie haben herausgefunden, dass sie nur zwei Verben lernen muessen um die Vergangenheit zu bilden.
Naemlich haben und sein.

Und mit der Bildung von ge-Verb die Vergangenheit haben.
Wir dagegen tun uns krumm und bucklig abrackern um alle Verben der Vergangenheit zu lernen.

Beispiel.
Ich ging, du gingst, er ging, wir gingen, ihr ginget, sie gingen.
ich fuhr,
ich sah
sich sagte etc.

Sie dagegen, verwenden
ich bin gegangen
du bist gegangen.
etc.
aus fahren wird gefahren.
aus laufen wird gelaufen.

Also doch einfach?

Wir haben die Formulierung.
Die Tasche der Hose.
Sie dagegen uebersetzen dies mit Hosen-tasche. wobei hier das - in no umgewandelt wird.
Also unsere Hosentasche.
Die Strasse der Stadt, wird zu Stadt-strasse.
Also ist die Denkweise so, dass zuerst das Grosse erwaehnt wird und dann das Kleinere.

So meinte ich die Denkweise.

Ob es Ausnahmen gibt, womoeglich. Nur bei meinen Aufsaetzen bin ich immer auf dieses gestossen.
kratz kratz
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.12.08 23:36 von zongoku.)
09.12.08 23:35
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Lori


Beiträge: 533
Beitrag #9
RE: Japanische Gedankengänge.
(10.12.08 07:35)zongoku schrieb:Nun mir ist aufgefallen..... Und das schon eine ganze Zeit, dass Japaner immer den einfachen Weg gehen,
Dies mal fuer jene die Deutsch lernen.
Sie haben herausgefunden, dass sie nur zwei Verben lernen muessen um die Vergangenheit zu bilden.
Naemlich haben und sein.

Das ist normal, solche Strategien benutzt jeder Sprachlerner. Wenn ich im Japanischen mal ein Verb nicht weiss, nehme ich oft (Nijijukugo+) Suru, um mich trotz der fehlenden Vokabel auszudruecken.

Zitat:Wir dagegen tun uns krumm und bucklig abrackern um alle Verben der Vergangenheit zu lernen.
Also ich habe mich dafuer nie wirklich abrackern muessen. Ab und zu Mal ein gutes Buch lesen und als deutscher Muttersprachler klappt das. Ich habe uebrigens schon Japanern Deutsch beigebracht: Doch, doch, sie versuchen fleissig die Vergangenheitsformen (irregulaerer) Verben zu lernen. Aber es stimmt schon, Praeteritumsformen sind bei Japanern nicht so beliebt. Sie kommen in der gesprochenen Sprache ja auch recht selten vor (bis auf ein paar Ausnahmen).

Zitat:Wir haben die Formulierung.
Die Tasche der Hose.
Sie dagegen uebersetzen dies mit Hosen-tasche. wobei hier das - in no umgewandelt wird.
Also unsere Hosentasche.
Die Strasse der Stadt, wird zu Stadt-strasse.
Also ist die Denkweise so, dass zuerst das Grosse erwaehnt wird und dann das Kleinere.
Das ist auch wieder so eine Vereinfachung, die manchmal, aber nicht immer, funktioniert.

Zitat:So meinte ich die Denkweise.

Ich verstehe, was du meinst. Es ist natuerlich richtig, dass Sprachlerner versuchen Prinzipien und Strukturen aus ihrer Muttersprache zu uebernehmen (es gibt dafuer auch einen linguistischen Fachausdruck, der mir aber gerade entfallen ist), weil es einfacher und zumindest gefuehlt auch "natuerlicher" ist.
Es ist aber fuer den Erfolg als Sprachlerner wichtig, nach und nach diese bekannten Strukturen abzulegen und zumindest, wenn man in der erlernten Sprache spricht, auch in dieser zu denken. Natuerlich geht das nicht immer, zumal man sich oft der in die Fremdsprache importierten muttersprachlichen Strukturen nicht bewusst ist, aber es sollte das Ziel eines Sprachlerners sein, so wenig von diesen muttersprachlichen in der Fremdsprache zu benutzen wie moeglich.

P.S. Viele deutsche Englischlerner uebernehmen Verben die im Deutschen reflexiv sind, genauso ins Englische, was dann z.B. zu witzigen Phrasen wie:
"I feel me good" fuehrt.

http://japanbeobachtungen.wordpress.com

10.12.08 01:38
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zongoku
Inaktiv

Beiträge: 2.973
Beitrag #10
RE: Japanische Gedankengänge.
Dann gibt es noch die Form wie man einen Satz (auch im Deutschen) bildet.

Wie bildet man einen Satz im Deutschen?
Entweder man hat den Satz schon im Kopf formuliert und bringt ihn dann zu Papier.
Oder aber, man schreibt ein Wort und bildet dann daran einen Satz.
Und das ist euch sicherlich auch schon vorgekommen.
Man weiss noch nicht so recht wie man das alles formulieren soll?

Jetzt wo ich einen Satz schreibe, in dem Moment wo ich ihn schreibe, kenne ich das naechste Wort bzw. das Ende auch noch nicht.
Aber irgendwie, das ist echt ulkig, formuliert sich ein Satz automatisch. Und er gibt auch noch Sinn.
Wie die Grammatik eingesetzt wird und so weiter laeuft alles automatisch ab.

Dabei haben die Deutschen die Moeglichkeit mit einzelnen Worten, na wie heissen die noch, (Dativ, Genetiv, Akkusativ und Nominativ)
Worte so zu stellen, dass sie noch Sinn ergeben.

Die Tasche der Hose.
Die Hosentasche.
Die an der Hose befindliche Tasche.
Die Hose an der die Tasche kaputt ist.
Des Vaters Hose, wo die Tasche ein Loch hat.
Die auf dem Tisch liegende Hose, wo die Tasche heraushaengt.
Die auf dem Tisch liegende Hose, mit der dick gefuellten Tasche.

Ja das stimmt, es sind schon komplexere Saetze. Die Saetze sind nicht linear.
Gibt es sowas auch im Japanischen?

Das kann schon sein, denke ich. Nur als Uebersetzung, wird man hier Probleme bekommen.
Um genau jenen Sinn herauszubekommen, wie er im Deutschen enthalten ist.

Und so wird es wohl auch dem Deutschen ergehen, wenn er komplexere Japanische Saetze vorfindet.
kratz kratz

Was habe ich falsch gemacht? Womoeglich war es falsch gewesen, ueberhaupt eine Uebersetzung zu machen.
Es hat immer am Gespraechspartner gefehlt. Es gab kein Lernen mit dem eigentlichen Stoff 'Sprache'.
Ich hab mich zu sehr auf die Uebersetzungen konzentriert.

Vom Baby-Alter bis zum Schulpflichtigen Kinde, kennen die Kids keine Kanji und Kana.
Dennoch lernen sie ihre Sprache.

augenrollen augenrollen

kratz

Da haette ich noch etwas.
In meinen Aufsaetzen, hat der Lehrer mir immer Woerter hinzuschreiben muessen, um aus meinem Satz was verstaendliches zu machen. Ein Ablauf wie folgender Satz, war falsch.

zB. Der Junge sitz in seiner Bank und der Lehrer sagt:
Mach die Tuer auf!

Was habe ich vergessen?
Geh, mach die Tuer auf!

Was habe ich noch vergessen?
Steh auf, geh zur Tuer und mach sie auf.

Meine Saetze sahen so aus, als ob der Junge einen enorm langen Arm bekam um die Tuerklinke zu druecken.
Oder der Sinn war dann, dass er sich zur Tuer teleportierte.
Der Ablauf vom aufstehen, um den Tisch gehen, (wie das beim Programmieren vor sich geht), fehlte dem Lehrer als Information, um meine Saetze zu verstehen.

Und daher denke ich, dass Japaner anders denken.

Ein weiteres Beispiel ist die Tatsache, dass er es sich schwer macht, sich in die Lage eines Auslaenders zu versetzen.
Wenn der Auslaender nicht exakt den Treffenden Ausdruck, das Verb, oder die Partikel verwendet, so versteht der Japaner nur noch Bahnhof.
Wir dagegen, verstehen noch Personen, die gebrochen Deutsch sprechen.

hoho kratz huch augenrollen

Habt ihr Aehnliches erlebt?
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 10.12.08 02:36 von zongoku.)
10.12.08 02:16
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Japanische Gedankengänge.
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