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Grammatische Begriffe die es nicht gibt.
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zongoku
Inaktiv

Beiträge: 2.973
Beitrag #1
Grammatische Begriffe die es nicht gibt.
In der letzten Zeit wurden schon so einige Beitraege gemacht, wo sich nach langen Diskussionen herausstellte dass es diesen oder jenen Begriff im Japanischen gar nicht gibt.

Worauf laest sich das erklaeren?
Nun da sind Lehrbuecher im Umlauf, (von Japanern bzw. Japanerinnen geschrieben), die Japanisch mit den Augen des Europaeers erklaeren wollen. Und natuerlich geht das, wenns man spaeter mit Japanologen diskutiert, voll daneben.


Das Subjekt, als Grammatische Bezeichnung im japanischen gibt es nicht.

Der Nebensatz und Hauptsatz, (die wohl im Deutschen, jedem Deutschen bekannt sind) gibt es nicht im Japanischen.

Dann hat mir mal jemand verzaehlt, dass die Personal Pronomen (ich, du, er, wir, ihr, sie etc) als Grammatischer Begriff auch nicht gibt.

Fragt sich nun, welche Grammatischen Begriffe es sonst nocht gibt, die im Deutschen verwendet werden aber im japanischen nicht existieren?

Und gibt es andere Bezeichnungen fuer diese Woerter im Japanischen?
19.02.05 15:13
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Ex-Mitglied (bikkuri)
Gast

 
Beitrag #2
RE: Grammatische Begriffe die es nicht gibt.
Man sollte zuerst einmal feststellen, von welchem Grammatikmodell man ausgeht. Da gab es über die Zeit zahlreiche Ansätze. Die von dem einen benutze Nomenklatur, ist für den anderen obsolet v.v. Geht man meinetwegen von Chomsky aus, so fallen beispielsweise die Begriffe "Nebensatz und Hauptsatz" weg, oder es gibt kein "Prädikat".
Bisher war noch kein Sprachmodell das Nonplusultra, das eine Sprache "perfekt" dargestellt hätte. Das wird es höchstwahrscheinlich auch nie geben. Die Frage ist nur, welches Modell eine Sprache am präzisesten beschreibt.
Wenn man also behauptet, es gäbe keinen „Nebensatz“ im Japanischen, dann kennt die Methode diese Begrifflichkeit nur nicht, was aber nicht heißt, daß sie nicht von einem anderen Ansatz in Anspruch genommen werden kann. Mutatis mutandis kann jeder Ansatz auch auf das Japanische übertragen werden. Ob das sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.
19.02.05 15:58
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Azumi


Beiträge: 434
Beitrag #3
RE: Grammatische Begriffe die es nicht gibt.
Zumindest wenn man bikkuris Posts liest, sollte man über einen ausreichenden Grundstock an Fachtermini verfügen. Ich mir extra deswegen ein Buch zugelegt, um die Beiträge verfolgen zu können.

熟能生巧
19.02.05 16:38
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Datenshi


Beiträge: 819
Beitrag #4
RE: Grammatische Begriffe die es nicht gibt.
Die Sache ist ja im Grunde genommen nicht die, ob es diesen oder jenen Begriff im Japanischen bzw. auf das Japanische angewandt gibt, sondern vielmehr - wie bikkuri schon andeutete - ob es sinnvoll ist, dies zu tun.

Zu den Begriffen "Subjekt" und "Nebensatz", die in westlichen Gefilden* gerne benutzt werden, habe ich ja schon das ein oder andere geschrieben, das will ich nicht wiederholen, ist ja eh alles noch nachlesbar im Forum.

Zu den Pronomina dann... Naja, sicherlich kann man auch beim Japanischen von "Pronomen" oder so reden, wenn man z.B. solche Wörter wie 俺, お前, 貴様 etc meint. Allerdings funktioniert diese Bezeichnung nur auf semantischer Grundlage, da diese Wörter als Übersetzungsentsprechungen von Wörtern, die z.B. in germanischen Sprachen als "Pronomen" bezeichnet werden, auftauchen. Mit anderen Worten: Die Kategorie "Pronomen" fürs Japanische hat weniger mit dem Japanischen als mit dessen Übersetzung ins Englische oder sonst einer anderen Sprache zu tun. Daß sowas der zu beschreibenden Sprache nicht gerecht wird und zudem auch noch unterschiedliche Ergebnisse hervorbringt, abhängig davon, in welche Sprache man denn die Sachen übersetzt, braucht nicht eigens erwähnt zu werden.

Setzt man mal seine Englischbrille ab und betrachtet die sog. 代名詞 des Japanischen, wird man feststellen, daß sie sich in Form und Gebrauch in keinster Weise von normalen 名詞 unterscheiden. Einordnung in Wortklassen findet allerdings, wenn es sauber gemacht wird, nicht nach Kriterien wie Bedeutung (also auf semantischer Ebene) statt, sondern vielmehr nach Charakteristika, die Wörter hinsichtlich ihrer Form (> morphologische Ebene) und ggf. ihres Gebrauchs im Satz und ihrer Beziehung zu anderen Wörtern (> syntaktische Ebene) zeigen. Geht man nach solchen Kriterien vor und läßt mal die Übersetzungsentsprechungen anderer Sprachen außen vor, wird man zu dem Ergebnis kommen, daß es schlichtweg nicht notwendig ist, eine Unterscheidung zwischen 名詞 auf der einen und 代名詞 auf der anderen zu treffen - beide verhalten sich nämlich völlig identisch!

Hier ist man dann auch an dem springenden Punkt (bzw. einem dieser Punkte), den man bei einem Beschreibungsmodell einer Sprache beachten sollte, angelangt: Es gibt, wie bikkuri auch schon sagte, kein Modell, welches per se richtig ist. Was ein Grammatikmodell zu leisten hat, ist zuerst einmal eine möglichst vollständige Beschreibung einer Sprache, die aber dann auch noch möglichst ökonomisch sein sollte, da sie letzten Endes anderen Menschen beim Spracherwerb dienen soll. Das, was von verschiedenen Modellen beschrieben wird, bleibt immer gleich, wichtig ist, inwiefern ein Modell in der Lage ist, eine gute und zugleich präzise und längenmäßig vertretbare Erklärung für sprachliche Phänomene zu liefern.

Die Aufstellung von Wortklassen, die keine Erkenntnisse liefert, sondern nur das System verkompliziert, wo es nicht nötig ist, verstößt gegen das Ökonomieprinzip und ist daher m.E. eindeutig dem Modell, in dem es gemacht wird, als Schwachpunkt anzukreiden.

Weiteres wichtiges Problem sowohl in Hinsicht auf z.B. die Terminologie der Schulgrammatik als auch in Hinsicht auf die Anwendung von Begriffen, die für Sprache X viell. etabliert und sinnvoll sein mögen, auf eine andere Sprache Y, ist die Frage nach den Definitionen.

Man kann sich ja einfach mal die Werke anschauen, die bei der Beschreibung des Japanischen Begriffe/Begriffsparre wie "Nebensatz vs Hauptsatz", "Konjunktion", "Subjekt", "Pronomen", "transitives vs intransitives Verb" etc verwenden. Werden Definitionen dieser Begriffe aufgestellt? Meiner bisherigen Erfahrung nach fällt die Antwort immer gleich aus: Nein, es werden keine aufgestellt. D.h. mit anderen Worten, es werden Begriffe benutzt, die für den Bereich, auf den sie angewendet werden, gar nicht definiert sind. Kurz: Sie sind völlig unbrauchbar und können a priori nicht zur Aufklärung verschiedener Probleme dienen. Es wird dann vom Leser/Schüler vorausgesetzt, daß dieser instinktiv in etwa weiß, was mit den Begriffen gemeint ist, aber wahrscheinlich werden sich die Autoren selber auch kaum Gedanken dazu gemacht haben. Hier kommt man dann zu einem weiteren Problem: Wie man an den "Diskussionen" zu den o.g. Themen wie "Nebensätze im J?" oder "Subjekt im J?" sehen konnte, ist den meisten Leuten überhaupt nicht klar, was diese Wörter eigtl. bedeuten. Es werden also in großem Stil Begriffe, die man für Sprache X, meinetwegen also für das Englische oder Deutsche oder sonst einer Sprache, die man evtl. beherrscht oder als Muttersprache erlernt hat, zwar irgendwie kennt, aber deren wirkliche Bedeutung - sprich: Definition - man nicht kennt, verwendet, um etwas neues zu beschreiben.

Sollten doch einmal Definitionen aufgestellt werden, dann hält sich für gewöhnlich trotzdem kein Mensch daran. Ein gutes Beispiel hierfür ist mal wieder die jap. Schulgrammatik. Hat sich hier mal wer die Mühe gemacht und in einem 国語辞典 oder so Begriffe wie 品詞, 助動詞 oder 他動詞 nachgeschlagen? Falls ja, dürfte dieser Person aufgefallen sein, daß diese Begriffe willkürlich mal gemäß ihrer Definition und mal in abweichender Bedeutung gebraucht werden - und das nicht etwa in verschiedenen Werken (was ja nicht verwunderlich wäre), sondern in ein und demselben Werk!

Kurz: Ob man erst gar keine Definitionen aufstellt oder es doch tut und sie dann gemäß der eigenen Willkür ignoriert, kommt letzten Endes auf denselben Käse hinaus.

So... wieder zuviel Mist geschrieben, aber viell. interessierts ja jemanden.


* (und durch unreflektierte Übernahme leider auch in japanischen: die Terminologie der Schulgrammatik ist nämlich in keinster Weise eine japanische oder viell. chinesische Erfindung, nein, es handelt sich lediglich um Übersetzungen aus europäischen Sprachen, früher vor allem aus dem Holländischen, Stichwort 蘭学 etc, in letzter Zeit dann eher aus dem Englischen - und bei denen handelt es sich fast durchgehend um Begriffe der lat. Grammatik, welche ihrerseits wieder auf der altgriech. Grammatik fußen)

種種求生剥逆剥阿離溝埋屎戸上通通婚馬婚牛婚鷄婚犬婚之罪類
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 19.02.05 16:54 von Datenshi.)
19.02.05 16:49
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Ma-kun
Thronregent

Beiträge: 2.021
Beitrag #5
RE: Grammatische Begriffe die es nicht gibt.
Vielen Dank, bikkuri und Datenshi (in alphabetischer Reihenfolge),
nun sehe ich Einiges klarer.

Mir ist auch schon mal aufgefallen, daß manche Begriffe im 国語辞典 ganz anders, als in den Büchern definiert werden. Manchmal fehlen sogar Begriffe.
Wir haben uns ja einmal in diesem Thema darüber unterhalten, wieviel die Linguistik überhaupt beim Erlernen des Japanischen helfen kann.

Wäre es vielleicht möglich, einen kurzen Überblick zu geben, welche Grundphilosophie die einshclägigen Grammatiker verfolgen? Bikkuri hat schon Chomsky erwähnt; was genau sagt er denn und wer wäre ein Vertreter einer anderen Sichtweise?

Ich weiß nicht, ob es möglich ist, einen kurzen Überblick zu geben, ohne banal zu werden. Wenn es aber möglich wäre, würde es sicher helfen.
19.02.05 17:09
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Grammatische Begriffe die es nicht gibt.
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