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Delegation Tokyo/Nagoya für 1-2 Jahre
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Great-Voltini


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Beitrag #1
Delegation Tokyo/Nagoya für 1-2 Jahre
Hallo an Alle,

da ich neu hier im Forum bin, möchte ich mich und meine Situation kurz vorstellen.
Ich bin 31 Jahre jung, lebe gemeinsam mit meiner Freundin in München und arbeite im Automobilbereich. Anfang diesen Jahres habe ich eine Delegation für 1-2 Jahre nach Japan erwirkt. Im März war ich in Tokyo auf Dienstreise und mein Rückflug war am Tag des Erdbebens. Glücklicherweise war mein Flug schon 12:30 Uhr, so dass ich vom Beben selbst nichts mitbekommen habe.
Inzwischen sind 3 Monate vergangen und es naht die Entscheidung, ob ich die Delegation annehmen möchte oder es aufgrund der Katastrophe lieber sein lassen sollte. Meine Firma hat sowohl in Tokyo als auch in Nagoya ein Office. Beide Ort kämen für einen Aufenthalt in Frage.

Da es mir sehr schwer fällt mit Hilfe der Medien ein objektives Bild über die vorherrschenden Bedingungen zu gewinnen, würde ich Euch bitten mir bei der Entscheidungsfindung zu helfen.

Es würde mir sehr helfen, wenn Ihr mir schreiben könnte, wie Ihr Euch an meiner Stelle entscheiden würdet und welche Kriterien für die Entscheidungsfindung zu Grunde legt bzw. welche Risiken ihr seht.

Ich selbst sehe im Moment folgende Themen:

1. Ein weiterer GAU im AKW Fukushima
2. Ein weiteres Erdbeben/Tsunami bei dem ein AKW betroffen ist
3. Radioaktive Strahlung in Tokyo/Nagoya
4. Nahrungsmittel -> verseuchte Lebensmittel im Supermarkt aus Tokyo/Nagoya
5. Strom -> ist in der Region genug Strom vorhanden

Über Eure Meinungen und Hilfe würde ich mich sehr freuen. Vielleicht kennt auch von Euch jemand, der mir bei dieser Entscheidung weiterhelfen könnte.
Meine Freundin würde sehr gern mitkommen und in Japan ein Praktikum im Bereich Computerspiele/Anime/Mangas machen. Eventuell habt ihr hierfür auch den ein oder anderen Tip.

Vielen Dank im Voraus,

Liebe Grüße,
Tom
20.06.11 18:41
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L4D


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Beitrag #2
RE: Delegation Tokyo/Nagoya für 1-2 Jahre
Hallo,

ich lebe und arbeite z.Z. in Japan (Tokyo). Meine Meinung zu deinen Fragen sieht wie folgt aus:

1. Ein weiterer GAU im AKW Fukushima
Das einzige was Tokyo und Nagoya bedrohen könnte wären weitere große Explosionen im Kraftwerk, da so extrem viel radioaktive Partikel in die Atmosphäre geschleudert würden. Die Probleme mit denen momentan vor Ort gekämpft werden sind in erster Linie lokal.

2. Ein weiteres Erdbeben/Tsunami bei dem ein AKW betroffen ist
Extrem unwahrscheinlich aber nicht auszuschließen.

3. Radioaktive Strahlung in Tokyo/Nagoya
Momentan ist die Strahlung Tokyo normal oder ungefährlich und ich denke, dass es dabei bleibt bzw. dass sie noch weiter zurückgeht.

4. Nahrungsmittel -> verseuchte Lebensmittel im Supermarkt aus Tokyo/Nagoya
Lebensmittel aus den Krisenregionen sind aus den Supermärkten verschwunden, die Leute kaufen sie einfach nicht mehr. Bei japanischem Obst und Gemüse wird sehr oft die Herkunftspräfektur angegeben, wenn Du Dir also unsicher bist kannst Du Sachen aus Südwest-Japan oder dem Ausland kaufen.

5. Strom -> ist in der Region genug Strom vorhanden
Im Großraum Tokyo kann es im Sommer zu planmäßigen Stromausfällen kommen, das Stadtzentrum (die 23 Bezirke) wird aber laut Tepco nicht betroffen sein.
Bei Nagoya wurde ebenfalls ein AKW abgeschaltet, es kann deshalb zu Stromsparmaßnahmen, wie gemäßigte Klimaanlagen kommen aber Ausfälle vermutlich nicht.

And so castles made of sand fall in the sea - eventually ...
20.06.11 22:38
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irgendwer


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Beitrag #3
RE: Delegation Tokyo/Nagoya für 1-2 Jahre
(20.06.11 18:41)Great-Voltini schrieb:  1. Ein weiterer GAU im AKW Fukushima
2. Ein weiteres Erdbeben/Tsunami bei dem ein AKW betroffen ist
3. Radioaktive Strahlung in Tokyo/Nagoya
4. Nahrungsmittel -> verseuchte Lebensmittel im Supermarkt aus Tokyo/Nagoya
5. Strom -> ist in der Region genug Strom vorhanden

1.) sehr unwahrscheinlich. Die Lage ist weitestgehend stabil. Das schlimmste, momentan denkbare Szenario ist wohl, daß es entweder zu weiteren, um das Kraftwerk lokal begrenzten Verseuchungen kommt, oder daß erneut schwach radioaktives Wasser ins Meer geleitet wird. Also, auch wenn das eine ziemlich Sauerei ist, wird das nicht Tokyo oder Nagoya betreffen.

2.) Möglich, aber eher unwahrscheinlich. Zudem sind viele KKW's momentan heruntergefahren, und man strengt sich an, das die Ursache für Fukushima (mangelnder Schutz vor Überflutung) beseitigt wird. Das kritischste Kraftwerk in der Nähe von Tokyo (Hamaoka) ist zudem wohl dauerhaft abgeschaltet.

3.) Nagoya ist afaik überhaupt nicht betroffen (Hintergrundstrahlung wie vor dem Unglück). In Tokyo sind die Werte leicht erhöht; Tokyo ist weitestgehend ungefährlich. Jedoch gibt es, insbesondere _außerhalb_ der Innenstadtzonen in manchen Gegenden sog. lokale "Hotspots". Die sind sicherlich auch nicht gefährlich, wenn man da einmal hergeht, aber wenn man dort dauerhaft wohnt, ist das sicherlich nicht beruhigend.

4. verseuchte Lebensmittel
Insbesondere in Tokyo kommt nunmal viel aus den umliegenden Gebieten. Die Japaner rühren das Zeug aus Fukushima natürlich auch nicht an (auch wenn es als unbedenklich eingestuft wurde) und kaufen lieber Produkte aus dem Westen (hatten wir das nicht schonmal? :-) )
Allerdings findet man immer wieder neue Probleme, z.B. wurde neulich festgestellt das Tee aus Shizuoka belastet ist. In Restaurants weiß man nicht wo der Kram her kommt...
Kurz: In Nagoya ist das imho weniger ein Problem, trotzdem sollte man in beiden Städten aufmerksam beim Einkauf sein. Ich meine, es mag z.B. leicht irrational sein, aber trotz meiner Wohnsituation achte ich darauf entweder Milch aus lokaler Produktion, aus Hokkaido oder Kumamoto zu kaufen und nicht irgendwo aus dem Osten Japans.

5. Strom -> ist in der Region genug Strom vorhanden
Das sollte wohl das geringste Problem sein. Stell Dich aber darauf ein, daß evtl. Bahnhöfe nachts weniger beleuchtet sind (keine Angst, absolut ungefährlich), das weniger Leuchtreklamen leuchten und die Getränkeautomaten nicht mehr so viel blinken. Außerdem könnte es sein, daß Du in der Firma mehr schwitzen wirst, weil man sich an (imho sinnfreien) Energiesparkampagnen beteiligt á la Klimaanlage auf 50% etc.

Kurzum: Mach' es, es wird eine tolle Erfahrung sein und die Gefahr ist zwar nicht vernachlässigbar, aber sehr sehr gering. Wenn Du auf quasi 100% gehen willst, geh' nach Nagoya und nicht nach Tokyo.
Wobei, und das ist meine persönlich Meinung, Nagoya eine häßliche Stadt mit häßlichen Menschen ist und ich deswegen Tokyo immer vorziehen würde.

(Anm: Ich lebe im Westen Japans, grob nördlich von Osaka)
23.06.11 06:12
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L4D


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Beitrag #4
RE: Delegation Tokyo/Nagoya für 1-2 Jahre
Ich wohne übrigens in einem dieser sog. Hot Spots. Ich hab mit meinem Strahlungsmessgerät allerlei Messungen angestellt und bin zum Entschluß gekommen, dass es vollkommen ungefährlich ist.

Die Straßenoberfläche strahlt etwa doppelt so stark wie normal (0.3 usv/h), aber das ist immer noch vollkommen ungefährlich. Drinnen wiederum ist die Strahlung vollkommen normal (0.15 usv/h).

Ich denke, die stärkste Strahlung wirst Du im Flieger nach Japan abbekommen. grins

And so castles made of sand fall in the sea - eventually ...
24.06.11 06:26
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Great-Voltini


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Beitrag #5
RE: Delegation Tokyo/Nagoya für 1-2 Jahre
Halli hallo an Alle,

vielen lieben Dank für Eure bisherigen Antworten. Laut Eurer Einschätzung ist natürlich immer noch ein gewisses Risiko vorhanden, aber generell ist die Situation ok, wenn man darauf achtet, woher beispielsweise die Lebensmittel kommen.

Inzwischen habe ich mich auch mit einigen Leuten hier in good old Germany unterhalten und viele sind der Meinung, dass die japanische Regierung nicht die 100%ige Wahrheit veröffentlicht und man somit sicher keinen Messungen trauen kann.

Wie steht Ihr dem gegenüber? Fühlt Ihr Euch gut informiert und traut ihr den Informationen? Was sagt die dt. Botschaft bzw. das Auswärtige Amt?

Am meisten mache ich mir noch über die Lebensmittel Gedanken. Der Plan für mich ist eigentlich etwas tiefer in die japanische Sprache einzutauchen, sobald ich vor Ort bin. Jetzt stelle ich mir es recht schwer vor im Supermarkt nur Dinge aus dem Westen oder Süden zu kaufen, wenn man nicht mal Ansatzweise die Kanjis kennt :-(
Gibt es hierfür Empfehlungen oder Tricks die helfen?

Von den sogenannten Hotspots habe ich auch schon gehört. 0.3µS finde ich allerdings schon ganz schon ordentlich, dass ist immerhin fast ein Faktor 4 zu Tokyo. In München liegt der Durchschnitt bei 0.08µS, was ja eigentlich sogar höher als Nagoya wäre. Von daher wäre es ja fast gesund nach Nagoya zu gehen :-). Aber wie gesagt, kann man diesen Messungen trauen?

Auf jeden Fall freue ich mich mehr von Euch zu hören. Eure Meinung hilft mir sicher sehr bei der Entscheidungsfindung.

Vielen Dank weiterhin im Voraus,

Gruß Tom
27.06.11 23:17
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irgendwer


Beiträge: 198
Beitrag #6
RE: Delegation Tokyo/Nagoya für 1-2 Jahre
(27.06.11 23:17)Great-Voltini schrieb:  viele sind der Meinung, dass die japanische Regierung nicht die 100%ige Wahrheit veröffentlicht und man somit sicher keinen Messungen trauen kann.

kratz

die müssen es ja wissen. Sorry, aber man liest so viel Schwachsinn...

Natürlich kann man immer kritisieren, wie gemessen wird, wo gemessen wird, wie dicht das Netz der Meßstationen ist usw.
Aber niemand manipuliert Daten oder versucht Daten vorzuenthalten. Das ist vollkommener Quatsch.

Zitat:Was sagt die dt. Botschaft bzw. das Auswärtige Amt?

Die deutsche Botschaft sagt es sei im Prinzip alles ok. Aber die Botschaft... deren Verhalten in der Krise hat mich und viele andere in Japan lebende Deutsche sehr enttäuscht, kurzum, ich würde mich nicht auf die Botschaft verlassen.

Zitat:In München liegt der Durchschnitt bei 0.08µS, was ja eigentlich sogar höher als Nagoya wäre. Von daher wäre es ja fast gesund nach Nagoya zu gehen :-). Aber wie gesagt, kann man diesen Messungen trauen?

Ja. Wie Du schon sagt, misst man in Aichi (Nagoya) 0.052 muS ( http://mextrad1.blob.core.windows.net/pa...Aichi.html ). Dort ist nämlich nichts heruntergekommen, und die Hintergrundstrahlung in Japan ist tendenziell geringer als in Süddeutschland.

Also ja, es ist im Prinzip gesünder in Nagoya zu leben als im gefährlichen München :-)

Was Tokyo angeht: 0.15 muS liegt durchaus im Rahmen. http://odlinfo.bfs.de/index.php
Und was 0.3 muS angeht, man lebt ja nicht auf der Straße.
Also hoffe ich mal :-)

Und im Innenstadtbereich liegt die Belastung oft deutlich geringer, bei ca. 0.08 muS. Tokyo wird überhaupt ziemlich "durchgemessen", von Freiwilligen, Universitäten und natürlich auch der Regierung.

Die Regierung wurde übrigens kritisiert, weil deren Messtationen in der Luft sind (macht man halt so im Normalfall), die Belastung am Boden aber höher sein kann.

Also kurzum: Auch im persönlichen Umfeld ist mir klar geworden: Die Leute in Deutschland reden sehr viel Quatsch, im Prinzip gilt: Fukushima = Japan = Tschernobyl = böse
und dann wird einfach sehr viel erzählt ohne mal hiergewesen zu sein oder sonst irgendwie etwas Ahnung zu haben.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 28.06.11 07:35 von irgendwer.)
28.06.11 05:17
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Kasu


Beiträge: 379
Beitrag #7
RE: Delegation Tokyo/Nagoya für 1-2 Jahre
(27.06.11 23:17)Great-Voltini schrieb:  Wie steht Ihr dem gegenüber? Fühlt Ihr Euch gut informiert und traut ihr den Informationen? Was sagt die dt. Botschaft bzw. das Auswärtige Amt?
Ich werde im September für zwei Semester zum Studieren nach Kyoto gehen und meine Eltern hatten auch ähnliche Ängste und Bedenken, also dass die japanische Regierung Zahlen fälscht und es in Wirklichkeit sehr gefährlich ist. Mein Vater hat dann letztendlich Greenpeace angeschrieben und die nach einer Einschätzung gefragt. Und siehe da, auch die sagtem ihm, dass die Werte, die sie für die Kansai-Region kennen, ungefährlich seien und es da derzeit keine Bedenken gäbe - du könntest also für die Region um Nagoya eine ähnliche Anfrage stellen.
Was das Auswärtige Amt sagt, siehst du hier. Ich gehe aber nicht davon aus, dass du vor hast, dir Kernkraftwerke anzugucken...

(27.06.11 23:17)Great-Voltini schrieb:  Am meisten mache ich mir noch über die Lebensmittel Gedanken. Der Plan für mich ist eigentlich etwas tiefer in die japanische Sprache einzutauchen, sobald ich vor Ort bin. Jetzt stelle ich mir es recht schwer vor im Supermarkt nur Dinge aus dem Westen oder Süden zu kaufen, wenn man nicht mal Ansatzweise die Kanjis kennt :-(
Gibt es hierfür Empfehlungen oder Tricks die helfen?
Erfahrungen gibt es keine, spontan würde ich aber sagen, wenn du dir darum solche Gedanken machst: Setz dich hin und versuch, die Präfekturen auswendig zu lernen, mit Kanji etc.
Ansonsten gibt es natürlich auch die Möglichkeit, einfach überhaupt nicht im normalen Supermarkt einzukaufen, sondern nur in Importläden, die alles aus dem Ausland holen, oder im normalen Supermarkt nur so Sachen wie Instant-Ramen zu kaufen (bei dem ich - ich hoffe ich liege da nicht völlig daneben - davon ausgehe, dass das Produktionsdatum eher weit vor dem Erdbeben liegt)
28.06.11 07:11
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Landei


Beiträge: 283
Beitrag #8
RE: Delegation Tokyo/Nagoya für 1-2 Jahre
Wenn du es ganz genau wissen willst (*), schau dir die "Folgen von Fukushima"-Reihe an. Das ist sehr viel differenzierter als die üblichen Mainstream-Informationen. Dort wird übrigens das Herumhantieren mit der Einheit Sievert kritisiert, die nicht so aussagefähig ist, wie man den Menschen gerne glauben machen würde.

(*) Z.B. das, was man noch nicht weiß.

Wenn's einfach wär', könnt's jeder - 難しくなければ、誰もが出来る
29.06.11 08:10
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